Der höchste schwedische Wasserfall mit 93 Metern Fallhöhe ist der „Njupeskär“. Er liegt im Fulufjäll Nationalpark, der sich auf 385 km² Fläche zu 2/3 auf schwedischem und zu 1/3 auf norwegischem Gebiet ausdehnt. Rund 65% des Geländes sind baumfreier Bestand. Der Brattfjället ist mit 1042 Metern die höchste Erhebung im Park, 148 km markierte Wege führen durch das Naturreservat mit fünf Übernachtungshütten.
Tourstart mit kleinen Anlaufschwierigkeiten
Wir begannen unsere Tour mit den Schneeschuhen in Mörkret am „Naturum“, dem stylischen Naturerlebniscenter. Der Weg zum Wasserfall war von dort mit 2 km ausgewiesen. Zuerst galt es noch ein kleines Materialproblem zu lösen: Bei einem der Schneeschuhe war das Befestigungsband abgerissen, so dass Thomas den Schuh nicht mehr schließen konnte. Glücklicherweise hatten wir einen Ersatzstock dabei und konnten aus der Schlaufe ein Provisorium basteln, das die Tiefschneetour überstand!
Die orangenen Markierungen immer im Visier behalten
Der tiefverschneite Weg führte uns sanft Berg ab und wir gelangten in eine ebene Moorfläche mit wenigen Bäumen, die Abbruchkante des Fjälls zeigt sich dort majestätisch in einiger Entfernung. Wir hatten Glück mit dem Wetter – es war fast windstill und schneite nicht. Trotzdem machte es uns der viele Neuschnee der vergangenen Tage nicht gerade einfach – wir mussten immer wieder konzentriert die orangefarbenen Markierungen an den Bäumen suchen, um die richtige Spur zu halten. Prompt verpassten wir eine Abzweigung und mussten umdrehen, denn ohne orangene Markierungen war kein Durchkommen zum „Njupeskär“.
Winteridylle pur
Wir hinterließen unsere Spuren in der unberührten Winterlandschaft wie auf einem riesigen, unbeschriebenen Blatt Papier. Trotz Schneeschuhen sanken wir teilweise bis zum Oberschenkel in den Schnee ein und hatten Mühe die Schneeschuhe wieder an die Oberfläche zu bringen. Es ging Berg ab und wir kamen an eine tiefverschneite Holzbrücke, die über den „Stora Njupeskär“ führte. Anschließend ging es kontinuierlich aufwärts, vorbei an zahlreichen skurillen weißen Statuen unter denen sich Nadelbäume verbargen. Oben angekommen begeisterte uns die „Njupeskärstuga“ und wir freuten uns auf eine Vesperpause in der geräumigen Rasthütte. Kleine und große Feuerfans können im Gußofen, mit schmuckem Eulendekor, kräftig einheizen – zuvor heißt es jedoch sägen, denn die Holzstücke vor der Hütte sind ziemlich groß. Vor einer Pause lohnt es sich, wenige Meter an der Hütte vorbei zu gehen, denn dort präsentiert sich erstmalig und gleich in voller Pracht der Wasserfall im Winteroutfit – wow, eine massive, riesige Eisfläche hälftig in transparent-gelb und eisblau geteilt.
Auf Umwegen zum „Njupeskär“
Nach der Rast passierten wir erneut die Hütte und stampften geradeaus dem einzigen für uns sichtbaren Wegweiser in Richtung „Njupeskär“ folgend. Ab hier gab es leider keine orangefarbene Orientierung mehr. Geht einfach weiter bis ihr wie in unserem Fall auf eine tief verschneite Treppe stoßt.
Diese führt hinunter zum Wasserfall. Wir entschieden uns für Schneeschuhsurfen – Hände ans Geländer und abwärts gleiten lassen. Unten heil angekommen, öffnete sich die Fläche und gab wieder den Blick auf den Wasserfall und den menschenleeren Vorplatz frei. Über eine triangelförmige Holzbrücke ging es weiter auf einem Holzsteg nach vorne zum Aussichtsplateau. Nun waren wir nur noch rund 100 Meter vor den hängenden Eisformationen entfernt und kämpften uns die letzten davon bis nahezu direkt unter die eingefrorenen Wasserkaskaden vor. Unglaublich winzig und unscheinbar fühlten wir uns als wir ehrfürchtig nach oben blickten. Ein ganz besonders erhebendes Gefühl diesen Anblick in absoluter Stille genießen zu können. Bis hierher verbuchen wir eine reine Gehzeit von 1 Stunde 45 Minuten.
Aufgeladen für den Rückweg
Obwohl wir erst gegen 15 Uhr den Rückweg antraten, entschieden wir uns die komplette Runde zu gehen und nicht den schon freigetretenen Hinweg zurück zunehmen. Wir gingen den bekannten Holzsteg zurück und bogen dann rechts ab an einem wenig aussagekräftigen Plan. Zuerst führte der Weg ansteigend auf den Bohlen weiter, zumindest das Geländer lugte noch etwas aus den Schneemassen heraus. Die weitere Wegführung war dann aber überraschend unklar. Spätestens hier waren wir froh zu fünft unterwegs zu sein. Der Vorderste musste echte Schwerstarbeit leisten und einem Schneeschieber gleich eine Spur bahnen. Immer wieder sanken wir hüfttief ein und das Hochdrücken war ein echter Kraftakt. Die einzige Orientierung die uns blieb, war die Fjällkante die über uns ragte. Zusätzlich versuchten wir anhand der Konturen im Schnee eine Weglinie zu erkennen.
Im Gänsemarsch voran
Unser Tempo war schneckenähnlich, wir waren einfach nur froh, dass wir einigermaßen kontinuierlich voran kamen. Irgendwann spürten wir ein weiteres Aussichtspodest unter unseren Füßen – aufatmen wir waren also richtig. Trotzdem orientierten wir uns bald weiter nach links und stiegen zwischen den Bäumen hinunter. Eine clevere Entscheidung wie sich bald herausstellte, denn wir stießen wieder auf die verschneite Holzbrücke, die wir auf dem Hinweg bereits überquerten.
Gemütlicher Endspurt
Nach einigen Adrenalinstößen, die der nicht markierte Weg ausgelöst hatte, waren die verbleibenden rund 20 Minuten Gehzeit bis zum Parkplatz der reinste Spaziergang. Gegen 16:20 Uhr landeten wir wieder am Naturerlebniscenter an, es dämmert bereits. Wir hatten es vor Einbruch der Dunkelheit geschafft.
Tipp: Als Kartenmaterial hatten wir zur Orientierung die Fjällkarta W53 von LANTMÄTERIET im Maßstab 1:50000 dabei, die es z. B. bei den Touristeninformationscentern der Region gibt. Der orangefarbene Markierung an Bäumen ab dem “Naturum” führt sicher zum Wasserfall.
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Ich liebe ja Eis und Schnee. Der Wasserfall auf Eurem Foto ist schon sehr beeindruckend. Und die Hütte im Schnee noch mehr. Wenn darin noch ein Holzofen vorhanden ist, dann ist das perfekt.
Hallo ihr beiden,
die Hütte im Schnee fungiert als Schutzhütte und hat auch einen Holzofen. Den kann sich jeder anheizen zum Aufwärmen, Tee kochen usw. Das Holz liegt in einer anderen Hütte (inkl. Trocken-WC) parat.
Schneeschuhwanderungen in Schweden sind schon ein ganz besonderes Erlebnis an sich. Der gefrorene Wasserfall ist spektakulär!
Danke, du hast Recht! Der Winter und die Kälte dort im Norden sind schon sehr besonders.
Sieht schon beeindruckend aus, der Wasserfall. Und die verschneite Natur sehr romantisch. Mal sehen, was dieses Jahr bei uns möglich ist an Touren durch den Schnee, die Schneeschuhe warten jedenfalls schon.
Ja unsere Schneeschuhe sind auch schon startbereit. Jetzt am Wochenende soll es ja im Schwarzwald wieder richtig Schnee haben. Aber in Schweden ist es doch noch etwas anders, ursprünglicher!
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Zu dieser Jahreszeit eine sehr einsame Tour. :-)
Wobei ich mir vorstellen kann, dass der Wasserfall bei Eisklettermenschen beliebt ist, jedenfalls ich hätt‘ schon eine Route im Kopf. :-D
Hallo Martin,
so ganz einsam ist es auch im Winter nicht. Am Wochenende hat das NATURUM am Startparkplatz geöffnet, da ist schon etwas mehr los. Und ja, der Wasserfall ist bis Ende März zum Eisklettern freigegeben. Das würde ich (Thomas) auch gerne mal sehen und fotografieren … :)
Die Bilder sind beeindruckend. Ich selbst war auch schon mal Schneeschuhwandern. Allerdings in der Region der Dolomiten am Karersee. Dort lag auch viel Schnee aber das sind nochmal ganz andere Maßen in Schweden. Danke für den Bericht.
Vielen Dank, fürs Lesen. Ja, Schneeschuhwandern finden wir auch total klasse. Es bietet viele Facetten. Die Region der Dolomiten kennen wir noch nicht. Wir waren kürzlich am Timmelsjoch, das war auch toll.
Demnächst sind wir auch wieder in Schweden und sind gespannt, wie viel weiße Pracht es gibt.
sooooovieeeeeel schneeee – scheeeee