Wer auf dem 2012 eröffneten Qualitätswanderweg Neckarsteig unterwegs ist, schwelgt zwischen Burgen- und Schlössern. Die auf der Strecke liegenden Ortschaften sorgen gelegentlich für etwas Verwirrung, denn viele beinhalten den Neckar im Namen. Der rund 130 km lange Wanderweg schlängelt sich in Flussnähe zwischen den Stadtschönheiten Heidelberg und Bad Wimpfen entlang. Durch die gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sowie die Neckarschifffahrt ergeben sich unzählige Möglichkeiten für eine ganz individuelle Streckenplanung. 2018 wurde der Neckarsteig geadelt und zum schönsten Weitwanderweg Deutschlands gewählt.
Nicht umsonst ist Heidelberg eine der Städte, die zu den begehrtesten Destinationen für internationale Touristen in Deutschland gehört. Beim Überqueren der Alten Brücke mit Blick auf die Schlossruine in Halbhöhenlage, steigt unsere Vorfreude auf die bevorstehende Weitwanderung auf dem Neckarsteig. Wer noch erstmalig in Heidelberg ist, sollte einen Sightseeing-Tag im Vorfeld zum Wanderstart einplanen. Besonders in den Morgen- und Abendstunden lässt es sich wundervoll durch die Altstadtgassen bummeln. Bevor die Stadtführer die ersten Reisegruppen von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit leiten oder nachdem sie von den Reisebussen am Nachmittag wieder eingesammelt wurden, entfaltet die Stadt ihren einzigartigen Charme. In die erste Etage der Stadt hinauf zum Schloss, gelangen wir mit der Bergbahn. Dort gibt es eine der wundervollsten Aussichten auf das Panorama der Stadt. Wer seine Kondition gleich zum Beginn der Wanderung austesten möchte, begibt sich beim Schloss auf die Himmelsleiter. 1200 Buntsandsteinstufen führen hinauf zum Königsstuhl. Der Weg mit den alten ausgetretenen Stufen sieht wirklich grandios aus. Trotzdem lassen wir es ruhig angehen; die historische Königsstuhlbahn bringt uns auf den gleichnamigen höchsten Berg des kleinen Odenwalds. Der gleichzeitig auch schon zum Beginn den höchsten Punkt der Wanderung markiert. Kaum setzen wir uns oben angekommen in Bewegung, lassen wir den touristischen Trubel schnell hinter uns. Auf mal breiteren, mal schmaleren Wegen und Pfaden durch den Laubwald, nimmt uns der Neckarsteig auf den ersten Kilometern in Empfang. Auffällig sind die großen alten Sandsteinbrocken, die zusätzlich zum blauen Neckarsteig-Logo, den Weg markieren.
Wanderer sitzen im Walde nicht still und stumm
An der Hohler-Kästenbaum-Hütte läuten wir die erste Rast mit Proviant aus dem Rucksack ein. Begrüßt werden wir von einer geselligen Herrentruppe aus der Nähe von Kassel, die sich für die kommenden Tage ebenfalls den Neckarsteig vorgenommen hat. Etwas später treffen wir die Gruppe erneut beim Gämsenberg-Pavillon. Dort belohnen sich die Herren mit einem Gläschen „Wanderwein“. Über den Melacpass erreichen wir das erste Etappenziel Neckargemünd. Das kleine Städtchen ist überschaubar und so treffen wir beim abendlichen Streifzug auch wieder auf die Wandergruppe. Ihre Tourenplanung weicht von unserer allerdings ab: Denn sie erwandern den Neckarsteig von verschiedenen festen Ausgangspunkten in beide Richtungen, um nicht zu häufig ihr Quartier zu wechseln. Diese unterschiedlichen Optionen machen die Strecke auch so reizvoll. Ein Spaziergang zum Marktplatz mit den hübsch restaurierten Fachwerkhäusern lohnt sich, wer mag kann auch den Hochwassermarken des Neckars folgen. Lustig, im Ort entdecken wir die Historie über die erste griechische Weinstube Deutschlands, die es hier im ehemaligen Hotel Athen gab. Durch das prunkvolle Karlstor verlassen wir Neckargemünd und streben dem Dilsberg entgegen. Schnell bringt uns der pfadige Wanderweg mit seinen steilen Serpentinen hinauf zum Kästenberg auf Betriebstemperatur. Von der Bockfelsenhütte winkt uns der Neckar unten im Tal zu und der Dilsberg schiebt sich uns mystisch vernebelt, erstmalig vor das Fotoobjektiv. Der auf einer Kuppe liegende Neckargemünder Stadtteil wird malerisch von einer Neckarschleife umzogen. Durch den Wald wandern wir abwärts vorbei am Tilly-Stein. Dieser erinnert an den Feldherrn, der im 30-jährigen Krieg in der Kurpfalz kämpfte und auch den Dilsberg beschoss.
Zeitreise auf dem Dilsberg
Der Neckarsteig verläuft am Rande des Dilsberg. Der Abstecher in das mittelalterliche Schatzkästchen gehört rückblickend zu unseren absoluten Highlights. Mit dem Durchschreiten des Stadttors beginnt die Reise in die Vergangenheit. Es gibt eine Obere und eine Untere Gasse, die vollständig mit Buntsandsteinen gepflastert sind. Die Häuser mit der Nummer 49 und 51 gehören zu den ältesten. Die strategische günstig gelegene Burgfeste, entstand wie so viele entlang des Wanderwegs im 12. Jahrhundert. Das noch verbliebene Ensemble lädt zur Begehung ein: Trutzig kommt die Burgmauer mit dem Turm daher. Hier oben liegen einem Neckartal, Odenwald und Kraichgau zu Füßen. Schaurig, der Blick in die Tiefe. Alle fünf Jahre stürzt sich hier die „Rose vom Dilsberg“ im Rahmen der Burgfestspiele vor Gram von der Mauer. Damit es nicht zu schwermütig wird, legen wir noch eine süße Pause, in der Chocolaterie im Gasthaus zur Burg ein. Konditormeisterin und Patissière Eva Heß zaubert hier unwiderstehliche Köstlichkeiten.
Die Apfeltarte mit Schokoladen- und Apfelsorbet ist zum Niederknien. Schokolade und die tollen Eindrücke machen glücklich! Mit einem Grinsen im Gesicht geht es zurück auf den Neckarsteig. Wir schwelgen Berg ab der Vier-Burgen-Stadt Neckarsteinach entgegen, wo uns die erste Schleuse erwartet. Von der Schleusenbrücke entdecken wir bereits zwei der vier Burgen. Der Neckarsteig führt uns direkt an der Mittleren und der Hinterburg entlang. Auch ohne Rapunzel-Zopf lohnt es sich die 64 Stufen auf den Turm zu erklimmen. Die Aussicht auf die Neckarschiffe sowie hinüber zur Vorderburg und zur Burgruine Schadeck (Schwalbennest) verzaubert nicht nur Romantiker. Außerdem blickt man direkt auf die Neckarkurve, die sich auch im Logo des Wanderwegs widerspiegelt. Von Neckarsteinach führt die Etappe 3 auf dem Neckarsteig nach Hirschhorn.
Abkürzung mit dem öffentlichen Nahverkehr ans Neckarknie
Wir nutzen jedoch die praktische Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel, die die Etappen verlässlich an zahlreichen Punkten flankieren. Die S-Bahn verkehrt regelmäßig im 30-Minuten-Takt. In nur 13 Minuten Fahrzeit überbrücken wir zwei Etappen des Neckarsteigs. In Eberbach erwartet uns ein geführter Abendspaziergang. Zahlreiche Fotomotive bietet die gut erhaltene Altstadt mit den vier Stadttürmen. Der Pulverturm, in dem früher nachts umgangssprachlich „der Pulver“, das Vermögen der Stadt aufbewahrt wurde, ist auch heute noch begehbar. Ein besonderer Eyecatcher sind die mit der Sgraffito-Malerei gestalteten Häuserfassaden. Was aus der Ferne aussieht wie ein klassisches Wandgemälde, entpuppt sich aus der Nähe als Darstellung in einer besonderen Kratztechnik. Dafür wurden verschiedenfarbige Putzschichten übereinander aufgetragen, die dann partiell durch Abkratzen wieder freigelegt wurden. Besonders schön gestaltet, sind das Hotel Karpfen und das Gasthaus zum Krabbenstein, die älteste Gaststätte Eberbachs.
Eberbach liegt am berühmten Neckarknie. Der Fluss fließt auf der Landkarte gesehen bis dorthin von Süden nach Norden und schwenkt dann Richtung Westen, um zum Rhein zu gelangen. Genau auf dieser Kurve, die auf jeder Landkarte deutlich erkennbar ist, liegt Eberbach. Begeistert berichtet uns Stadtführer Eugen Emig, der auch gelernter Binnenschifffahrer ist von der Kettenschlepp-Schifffahrt. Diese wurde ab 1878 am Neckar zwischen Mannheim und Heilbronn eingesetzt. Der Neckar galt aufgrund der starken Strömung als der gefährlichste schiffbare Fluss. „Lastschiffe wurden mit einer Dampfmaschine ausgerüstet, eine Winde wurde an Deck aufgestellt und eine Kette längs im Fluss ausgelegt. Daran zog sich das Schiff entlang und Lastkähne hinter sich her. Mit dieser Technik wurde die Leistung um das Achtfache gesteigert“, beschreibt Emig. Durch die Schleusen wurde die Kettenschlepper dann überflüssig. Heute erinnert nur noch ein großer Stein mit einer daran befestigten Kette an den technischen Quantensprung.
Gut markiert über den Eberbacher Pfad der Flussgeschichte verlassen wir die Stadt. Nach einer ersten länger ansteigenden Waldpassage erreichen wir die Ludwig-Neuer-Hütte. Das besagte Neckarknie ist hier gut erkennbar. Wir machen uns auch auf die Suche nach dem roten Krokodil, einem 250 Mio. Jahre alten, ca. 28 cm langen Fußabdruck eines Sauriers im roten Buntsandstein. Was wir entdecken ist der Gedenkstein am Westhang des Scheuerbergs. Dort angekommen, breitet sich eine angenehme Weite aus, die durch Wiesen und Streuobst führt und von blökenden Schafen begleitet wird. Das Naturschutzgebiet Breitenstein strahlt eine große Ruhe aus, die nur hin und wieder vom Aufprall einer überreifen Birne unterbrochen wird. Die Teufelskanzel entpuppt sich als genialer, über dem Neckar thronender Balkon mit Sicht hinunter zur Schleuse Rockenau. Auf der nächsten Passage, könnte man durchaus eine „Helmpflicht“ zum Schutz vor den herabfallenden Eicheln und Kastanien einführen.
Märchenhafte Landschaft, die Margaretenschlucht ein Naturparadies
Wir erreichen Burg Stolzeneck. 42 Außen- und 35 schmale Innentreppen führen uns hinauf auf die breite Schildmauer der Ruine – ein luftiges Plätzchen für eine weitere Erholungspause. Nur noch ein paar Ritter in Rüstung fehlen, um die altertümliche Szenerie perfekt zu machen. In das Reich der Riesen und Mythen tauchen wir auf dem folgenden wilden wadenbeißerischen Traumpfad ein. Jeder Schritt muss gut platziert sein, um nicht den Abhang hinunter zu rutschen. Weitere Idylle versprüht der Reihersee mit der kleinen Hütte, dann gelangen wir über einen Forstweg nach Neunkirchen.
Neunkirchen ist das einzige Etappenziel, ohne direkten Bahnanschluss. Wer hier nicht übernachten oder die nächste Etappe nach Neckargerach überspringen möchte, nimmt entweder den Bus zur nächsten Bahnanbindung oder kommt wie wir in den Genuss eines individuellen Transports. Hotelchef Albert Stumpf vom NaturKulturHotel Stumpf ist hierauf eingestellt. Er chauffiert uns die rund 18 km nach Neckargerach, dem offiziellen Start der siebten Etappe. In Neckargerach steht mit dem Minneberg ein Paradebeispiel eines Umlaufbergs. Früher wurde der Berg von einer Neckarschleife umflossen, bis dieser sich einen direkteren Weg suchte.
Kaum gestartet, erwartet uns unser persönlicher Touren-Höhepunkt, die Margaretenschlucht. Direkt am Zugang beginnt ein Naturschutzgebiet und ein Hinweisschild weist auf einen alpinen Klettersteig hin. Alpin ist vielleicht etwas übertrieben. Mit großem Rucksack beladen, sind die feuchten und mit Moos bewachsenen Steintritte aber durchaus eine spannende Herausforderung. Lange Moosbärte und Efeuranken ragen in die Schlucht hinein, die zu Beginn einer großen Halle ähnelt. Wenn insbesondere am Wochenende einige größere Wandergruppen mit der S-Bahn in Neckargerach ankommen und fast zeitgleich die Schlucht erreichen, erfordert das etwas Geduld. Diese zahlt sich allemal aus. Baumstämme liegen kreuz und quer, Steinplatten stapeln sich übereinander. Je nach Saison stürzen kleine Wasserfälle herab oder Rinnsale bahnen sich ihren Weg. Je weiter wir hinauf gelangen desto höhere Tritte gilt es zu überwinden. Glücklicherweise erleichtern hier Metallgeländer an denen man sich hochziehen kann den Aufstieg. Mit den Trekkingrucksäcken werden wir zu wahren Tree-Lovern, denn um einzelnen Engstellen zu passieren, sind Baumumarmungen angesagt. Der folgende Abschnitt bietet Zeit zum Durchatmen und führt gemächlich durch Wälder und entlang von Feldern. Am Wanderparkplatz Schifferdecker beginnt der knackige Aufstieg hinauf zum Schreckberg und aktiver Wanderstockeinsatz ist äußerst hilfreich. Zugegebenermaßen sehnen wir unser heutiges Etappenziel Mosbach jetzt herbei. Die Sonne strahlt mit voller Kraft und setzt uns an einigen Passagen richtig zu. Gerne würden wir uns wieder mit der kühlen Margaretenschlucht umgeben. Tatsächlich steigen wir auf einem anspruchsvollen Waldpfad durch eine kleine Schlucht ab in Richtung Mosbach. Von einem Aussichtspavillon entdecken wir die Kirche der Stadt. Allerdings geben wir uns einer Illusion hin, schnell in der Fußgängerzone anzukommen. Die Ausschilderung führt uns über zahlreiche Serpentinen und Treppen hinauf auf den Henschelberg. Guten Gewissens würden wir beim nächsten Mal den direkten Weg in die charmante Altstadt einschlagen.
Burg Hornberg und Götz von Berlichingen
Schnell sind beim Bummel durch die schmalen Gassen die Wehwehchen der heutigen Etappe vergessen. Auf dem Marktplatz ist ein tolles Arrangement aus restauriertem Rathaus mit Turm und dem Palm´schen Haus versammelt. Auch am Haus Kickelhain, einem der kleinsten freistehenden Fachwerkhäuser Deutschlands mit 50 m² Wohnfläche, lohnt ein Vorbeischlendern. Die Geschichte um die „Kiwwelschisser“ amüsiert uns, von der wir am gleichnamigen Brunnen erfahren. Wer Mosbach auf eigene Faust mit der Stadtbroschüre erkundet, erfährt auf jeden Fall die Auflösung. Wir beginnen die nächste Etappe nach Gundelsheim wieder mit einer S-Bahnfahrt. In Neckarzimmern ausgestiegen, visieren wir die Burg Hornberg, das älteste Weingut Baden-Württembergs, an. Auch der berühmt berüchtigte Götz von Berlichingen war hier zugange. Auf dem Weg hinauf bietet sich der Blick auf eine weitere Neckarschleuse und auch bereits auf die Burg Guttenburg. Aber zurück zur Burg Hornberg: Gut in Schuss, steht sie zur Besichtigung bereit. Dahinter tauchen wir ein in einen zauberhaften Wald, wandeln auf Moosteppichen. Kaum ist der Neckar außer Sichtweite ist es abgesehen vom munteren Vogelgezwitscher mucksmäuschenstill. Ein schmaler, sehr steiler Pfad auf betagten Treppenstufen geleitet uns hinauf auf den Michaelsberg. Dort wandeln wir auf einem Sonnenplateau. Der Michaelsberg wird dominiert vom Landrestaurant Schäfers und dem dazugehörigen Hofladen. Montags stehen wir jedoch vor verschlossener Türe. Über alte Stufen steigen wir auf einer weiteren Himmelsleiter durch die Weinlagen hinunter nach Gundelsheim.
Genuss-Kulinarik im Weinort Gundelsheim
Genuss steht ganz oben auf unserer Agenda in der Deutschordensstadt am Neckar. Wir haben eine Kultur- und Genussführung gebucht, außerdem sind wir einquartiert in einem Zimmer in der Pension der Schokoladenmanufaktur Schell.
Bei der Führung durch Gundelsheim sind wir wie so oft erstaunt, was es in kleinen Ortschaften alles zu entdecken gibt. Überraschend viele, sehr gut erhaltene Häuser der unterschiedlichsten Baustile befinden sich hier. Wer sich das Haus in der Schlossstraße 29 genau ansieht, wird in der oberen Fensterreihe das Bild vom Götz von Berlichingen erspähen, der hier zum Anführer gewählt wurde. Vom Schloss Horneck genießt man einen brillanten Ausblick auf das Neckartal und es ist auch ein wundervoller Platz, um die Weine der Steillage des Michaelsbergs zu verkosten. Bevor wir die Wanderstiefel für die Schlussetappe nach Bad Wimpfen schnüren, sind wir mit Eberhard Schell verabredet, dem Erfinder des Essigschleckerles. Im Essigschleckerle, das es in vier unterschiedlichen Füllungen gibt, verbirgt sich ein in Schokolade gehüllter Wein-Aperitif-Essig. Schell hat damit die erste Praline kreiert, die es zur Patentanmeldung schaffte.
Wilde Vögel auf der Guttenberg
Dann erobern wir die letzte der zahlreichen Burgen entlang des Neckarsteigs, die Burg Guttenberg. Dort geht es tierisch zu, denn sie beheimatet die Deutsche Greifenwarte. Die rund einstündige Flugshow beeindruckt uns sehr. Unweigerlich ziehen wir den Kopf ein, als Lorbas, ein europäischer Seeadler, tief über unseren Köpfen umherfliegt. Neben den majestätischen Adlern im Erwachsenenalter, hüpfen mit Tyson und Loki zwei Jungvögeln noch etwas unbeholfen auf der Wiese umher. Schnell gewinnen sie ihre Fans unter den Zuschauern. Einen weiteren besonderen Ort passieren wir mit dem jüdischen Friedhof. Wer sich einen der größten jüdischen Friedhöfe in Deutschland genauer anschauen möchte, muss sich frühzeitig den Schlüssel organisieren. Aber auch über die halbhohe Friedhofsmauer erhält man einen Blick auf die eindrucksvollen Grabsteine mit zahlreichen Symbolen. In dieser Stille treffen wir noch einmal auf die „Wanderherren“ und verabschieden uns, denn es ist nicht mehr weit bis zum Ziel. Unterhaltsam waren die zahlreichen Begegnungen mit der Gruppe auf den Etappen. 30 Minuten später erreichen wir die Bergkirche, ein Kleinod oberhalb von Heinsheim. Außerdem ein herrlicher Platz, um nochmal die Neckarschiffe zu beobachten.
Empfang in der Stauferstadt Bad Wimpfen
Auf den finalen Kilometern bis nach Bad Wimpfen kommen wir nochmal richtig auf Tuchfühlung mit dem Neckar. Wanderweg und Fluss verlaufen direkt nebeneinander und wer will kann noch den Sprung ins Wasser wagen. Die Silhouette der monumentalen Kaiserpfalz wirkt wie ein Powerriegel und wir fliegen unserem Ziel entgegen. Ein bisschen zelebrieren wir unseren Einzug in die ehemalige Staufer- und Reichsstadt. Auch wenn diese äußerst unbemerkt im Vergleich zur Ankunft von Heinrich VI., dem Barbarossa-Nachkommen oder des großen Friedrich II., verläuft. Der Blaue Turm, das Wahrzeichen von Bad Wimpfen ist eingerüstet und wird fit gemacht für die nächste Generation, wie man auf der Webseite nachlesen kann. Spätestens 2020 soll er wieder in altem Glanz erstrahlen, dann wird auch die Türmerin wieder hoch über den Dächern einziehen und über die denkmalgeschützte Altstadt wachen. Ein guter Grund dann erneut hier her zu kommen, um die wiedererlangte Schönheit des Turms zu bewundern.
Infobox
Der Wanderweg ist in beide Richtungen gut ausgeschildert. Heidelberg ist mit der Bahn sehr gut zu erreichen und somit auch idealer Ausgangspunkt der Tour. Der komplette Neckarsteig von Heidelberg nach Bad Wimpfen ist ca. 128 km lang mit 3660 hm und in neun Etappen aufgegliedert. Die Autoren sind sechs davon gelaufen, haben zwischendurch immer wieder von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Etappen mit der Bahn bzw. einem individuellen Transport abzukürzen oder zu überspringen. Weitere Informationen auf der Neckarsteig-Seite
Etappen der Autoren:
- Etappe von Heidelberg nach Neckargemünd, ca. 16 km / 738 hm
- Etappe von Neckargemünd nach Neckarsteinach, ca. 14 km / 505 hm
- Etappe von Eberbach nach Neunkirchen, ca. 20 km / 687 hm
- Etappe von Neckargerach nach Mosbach, ca. 14,5 km / 330 hm
- Etappe von Neckarzimmern nach Gundelsheim, ca. 9 km / 260 hm
- Etappe von Gundelsheim nach Bad Wimpfen, ca. 17 km / 217 hm
Insgesamt sind wir ca. 90,5 km und 2737 hm gewandert. Die komplette Strecke umfasst rund 130 km.
Anreise mit dem ÖPNV zum Startpunkt Heidelberg
Heidelberg ist gut an den Fernreiseverkehr der Deutschen Bahn angebunden und kann von Berlin aus sogar mit dem FlixTrain direkt angesteuert werden. Vom Zielort Bad Wimpfen kommt man mit der Regionalbahn und einem Umstieg in Bad Friedrichshall-Jagstfeld auch wieder zurück nach Heidelberg.
Abkürzungsmöglichkeiten auf der Strecke:
Möglichkeiten um Etappen zu verkürzen oder auszulassen gibt es auf der Strecke fast jederzeit. Zwischen Heidelberg und Gundelsheim kann man die Linie S1 oder S2 der S-Bahn RheinNeckar nutzen. Manche Etappen lassen sich sogar mit dem Schiff überbrücken und sorgen für Abwechslung.
Beste Wanderzeit auf dem Neckarsteig
Ab dem Frühjahr bis in den Spätherbst hinein ist die Wanderung gut machbar. Im Frühjahr wenn das Blätterkostüm der Bäume noch etwas dünner ist, sind die Aussichten auf den Neckar besser. Im Sommer spendet der Wald kühlenden Schatten und im Herbst leuchten die zahlreichen Laubbäume in wunderbaren Farben. Auch im Winter kann der Wanderweg begangen werden, hier müssen ggf. tagesaktuelle Sperrungen aufgrund der Witterung z.B. in der Margaretenschlucht berücksichtigt werden. Ohne den Laubbewuchs kann man die Burgen noch besser entdecken.
Schwierigkeiten/Gefahren
Auf dem gesamten Qualitätsweg ist man auf einer Mischung aus Wald- und Forstwegen unterwegs, die einfach zu begehen sind. Einige Passagen führen über schmale Pfade und Trittsicherheit ist wichtig. Insbesondere in der Margaretenschlucht auf der Etappe von Neckargerach nach Mosbach ist Vorsicht geboten. Im hinteren Teil der Schlucht sind die Trittstufen teilweise bis zu 50 cm hoch, was den Aufstieg etwas erschwert. Festes Schuhwerk ist hier zwingend erforderlich, Teleskop-Trekking-Stöcke kann man immer wieder unterstützend einsetzen.
Übernachtungsmöglichkeiten auf dem Neckarsteig
Heidelberg ist eine absolute top Sehenswürdigkeit auch bei internationalen Gästen. Eine vorausschauende Buchung ist sinnvoll. Ähnliches gilt für Bad Wimpfen und die anderen Etappenziele, denn hier ist das Übernachtungsangebot teilweise nicht so groß. Die gesamte Strecke lässt sich auch gut von einer zentralen Unterkunft aus erwandern. Die S-Bahn dient dann als Zubringer zum morgendlichen Etappenstart bzw. abends zurück zur Unterkunft.
Unsere Übernachtungen
- Etappe: Hotel Garni Kredell, Neckargemünd
- Etappe: Hotel Karpfen, Eberbach
- Etappe: NaturKulturHotel Stumpf, Neunkirchen
- Etappe: Hotel Lamm, Mosbach
- Etappe: Hotel Schell Schokoladenmanufaktur
Besondere Tipps am Wegesrand
- Altstadt und Schloss in Heidelberg
- Dilsberg mit Burgfeste www.dilsberg.de/burg
- Burgen in Neckarsteinach, Burg Stolzeneck, Burg Hornberg sowie Burg Guttenberg mit der Deutschen Greifenwarte, Flugvorführungen und Burgmuseum
- (Nachtwächter-)Führungen in Eberbachund Küfereimuseum im Pfarrhof 4
- Michaelskapelle auf dem Michaelsberg bei Gundelsheim
- Weinwanderführung in Gundelsheim
- Jüdischer Friedhof, Bergkirche und Synagoge in Bad Rappenau-Heinsheim
- Stauferstadt Bad Wimpfen
Süße Versuchungen auf dem Neckarsteig
– Chocolaterie im Gasthaus „Zur Burg“, Dilsberg
– Schell Schokoladenmanufaktur, Gundelsheim
Wanderkarten und Bücher zum Neckarsteig
Im Online-Shop des Neckarsteigs findet man alle nötigen Materialien für die Wanderung. Wir haben auf unserer Tour folgende Materialien genutzt:
- Wander- und Radwanderkarte, Neckartal-Odenwald (Nr. 13), Odenwaldklub e.V., ISBN 978-3-931273-89-7
- Wander- und Radwanderkarte, Neckartal-Stauferland (Nr. 21), Odenwaldklub e.V., ISBN 978-3-931273-99-6
- Rother Wanderführer, „Neckarweg mit Neckarsteig – von der Quelle bis zur Mündung“, ISBN 978-3-7633-4443-7
- „Neckarsteig“ aus dem Conrad Stein Verlag, ISBN 978-3866865983
- KOMPASS Wanderführer „Heidelberg mit Neckarsteig“, ISBN 978-3990441381
QR-Codes an verschiedenen Strecken-Highlights bieten ergänzende Hintergrundinformationen.
Auf unserer Wanderung wurden wir von der Touristikgemeinschaft Odenwald e.V. unterstützt.
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