Auf unserer vergangenen Trekkingtour in Schweden waren wir begeistert vom klaren Sternenhimmel und den magischen Polarlichtern. Als Städter haben wir Zuhause durch das viele Umgebungslicht nicht häufig die Gelegenheit zu Gast im Sternenkino zu sein.
Auf unserer Radtour durch das Havelland ist es dann endlich wieder soweit. Deutschlands erster Sternenpark oder besser das erste, 2014 ausgewiesene *International Dark Sky Reserve* liegt sozusagen auf der Strecke: der Sternenpark Westhavelland.
Vogelparadies, Sternenpark und Einsamkeit
Der Gülper See liegt kaum 70 km von Berlin entfernt und trotzdem ist man in einer völlig anderen Welt: nachts ist es hier sehr dunkel und auch am Tag ist kaum etwas los. Über Strohdehne und Rhinow gelangen wir an die Südseite des Gülper Sees. In dieser wirklich entlegenen Ecke Brandenburgs überraschen uns plötzlich die vielen Autos am Wegesrand. Wir sehen zwar eine schöne Bockwindmühle, doch ist das sicherlich nicht der Aufhänger für den „Menschenauflauf“. Also wagen wir uns auch mal ans Seeufer und erleben was hier tagsüber los ist. Der See wird von hunderten oder tausenden Zugvögeln bevölkert, die sich lautstark bemerkbar machen. Vogelkundlern mit Objektiven, achnee bei denen heißt das ja Spektive, haben die Beobachtungstürme erobert. Sicherlich ist da eines dieser Beobachtungsgeräte genau soviel Wert, wie unsere HNF-Bikes, mit denen wir hier zuverlässig durch die einsame Landschaft cruisen. Wir genießen noch etwas die Sonne, die Beobachteratmosphäre und versuchen dann erschütterungsfrei wieder vom Turm abzusteigen, um die Vogelkundler nicht zu stören.
Unser Ziel ist die Kreativoase in Gülpe. Hier werden wir herzlich empfangen und auch vor dem Verhungern gerettet. Leider gibt es nämlich in Gülpe keine Möglichkeit Lebensmittel einzukaufen oder gar essen zu gehen. Das ist gut für unseren Sparstrumpf, aber schlecht für Magen und Urlaubsstimmung. Glücklicherweise haben wir noch Proviant in den Satteltaschen und Getränke gibt es in der Unterkunft mit einer Vertrauenskasse. Die Vorbuchung ist in dieser verwaisten Gegend ein absolutes Muss!
Wir sind gerettet und können einen ersten Ausflug zur Havel mit ihren Wiesen hinterm Dorf machen. Es soll ja nur ein Scouting sein für die Sternenbeobachtung in der Nacht. Doch schon jetzt erwartet uns ein traumhafter Sonnenuntergang in einer nahezu mucksmäuschen stillen Landschaft. Der Weg hierher hat sich schon dafür gelohnt!
Auch schon vor Sonnenuntergang eine sehr malerische Landschaft
Kurz nach Sonnenuntergang sind die vorerst letzten Fotos im Kasten und wir genießen die Ruhe im malerischen Garten der Kreativoase. Der Name lässt vermuten, dass hier Künstler leben und so ist es auch. Jordis Hammer bietet hier das ganze Jahr über Malkurse an, ist sehr aufgeschlossen und führt uns gleich noch ein wenig durch ihr Atelier. „Das ganze Areal war früher eine Schmiede. Wir hatten nach etwas für unsere Kreativität gesucht und hier das Passende gefunden, allerdings lag erst ein Mal eine Menge Arbeit vor uns“, berichtet uns die Künstlerin. Unser Zimmer zum Beispiel war Teil des alten Metalllagers und die Malwerkstatt ist noch heute mit dem Ofen der Esse ausgestattet. Doch diese Kombination bietet heute ein sehr wohnliches Ambiente.
Eingelullt von der Stille und geschafft von der heutigen Radetappe, fällt es uns schwer nachts noch einmal zur Sternenschau loszugehen. Doch wir sind ja extra wegen der Sterne hier. Stativ und Stirnlampe geschnappt, die Kamera gecheckt und am besten noch einen warmen Tee in der Thermoskanne eingepackt, geht es los in Richtung Havel. Wir sind von der Astronomie völlig unbeleckt, erkennen grade mal den „Großen Wagen“ und das „Himmels-W“ und sind gespannt, was uns hinter den leider noch immer leuchtenden Straßenlaternen erwartet. Langsam gewöhnen sich unsere Augen an die Dunkelheit und es werden immer mehr Sterne sichtbar und auch die Milchstraße ist leicht zu erkennen.
Auch für „normale“ Fotografen und Sternengucker faszinierend
Der Fotograf in mir, Thomas, lässt keine Ruhe. Auf der Suche nach einem spannenden Vordergrund unter Einbeziehung der Milchstraße finde ich mich unversehens mitten auf dem Feld im Dunkeln wieder und bin fasziniert. Trotz des Restlichts der Laternen und der großen Städte in der Nähe des Horizonts kann ich unglaublich viele Sterne sehen. Die angestrahlte Kirche gibt ein gutes Nebenmotiv ab und so sind wir für unseren ersten Besuch in einem Sternenpark ziemlich zufrieden. Das warme Bett in der Pension ruft, die Kirchturmuhr schlägt 12 mal und wir gehen durch das Dunkel der Sternennacht zurück zu unseren mollig warmen Betten.
Auf jeden Fall haben wir nun noch mehr „Sternenblut“ geleckt und werden sicher weitere Sternenparks besuchen.
Kontakt zu unserer Unterkunft in Gülpe:
Kreativoase, Jordis Hammer
Straße am Neubau 4
14715 Havelaue / Ortsteil Gülpe
Telefon: 033875 90305
Mobil: 0176 78336679
E-Mail / Pension: kreativoase@t-online.de
E-Mail / Atelier: jordishammer@googlemail.com
Wir danken der TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH für die Unterstützung unserer Reise und HNF-Heisenberg für die Testräder.
Views: 2787
tolle Sachen, Infos die man nirgends findet, danke für den tiefgründigen Artikel!
Pingback:Eine erlebnisreiche Radtour durch das Havelland. - outdoor-hochgenuss.de
Einfach magisch. Ich war neulich in der Eifel in einem Sternenpark und auch ziemlich begeistert. Dort würde es euch sicher auch gefallen.
Mein absolut beeindruckendstes Sternenerlebnis hatte ich allerdings in der Karoo-Wüste in Südafrika.
Wir werden sicherlich noch weitere Sternenspots in Deutschland besuchen. Neben Schweden hat uns der Sternenhimmel in der Atacama-Wüste sehr beeindruckt!
Oh! Das sind Orte, wie wir sie mögen! Und die Sterne dazu? Perfekt!
:-) Wir waren sicherlich auch nicht das letzte Mal in einem Sternenpark.
Kennt noch weitere Parks?