Auf dem Naturpark-Radweg Schwarzwald Mitte/Nord gelangt man auf rund 280 km durch abwechslungsreiche und oftmals unerwartete Landschaften im Schwarzwald. Wer sich hier auf das Fahrrad schwingt, umrundet in mehreren Etappen den kompletten Naturpark. Wer nicht nur radeln, sondern auch ausreichend Zeit für die Sehenswürdigkeiten, kulinarische Köstlichkeiten und Aktivitäten außerhalb des Sattels haben möchte, dem empfehlen wir mindestens fünf besser sechs Tourtage. Die Strecke hat durchaus auch sportive, mit Anstiegen verbundene Etappen und ist absolut E-Bike tauglich.
Unsere Sonderthemen:
1. Etappe Freudenstadt – Hausen
Nein, man sollte in Freudenstadt auf keinen Fall gleich in die Pedale treten. Die Stadt mit den drei Marktplätzen und den schönen Bogengängen verströmt italienisches Flair. Wir gönnen uns zum Tourstart Kaffee und Kuchen im Café Pause auf dem Marktplatz. Mit mehr als 30 (!) verschiedenen hausgemachten Kuchen sind wir hier im Kuchenparadies gelandet. Dann starten wir gut gestärkt und erobern den Kienberg, den Hausberg Freudenstadts. Begrüßt werden wir dort vom 25 m hohen Herzog-Friedrich-Turm. 150 Stufen bringen uns auf 800 m ü. M. Hier blickt man auf Freudenstadt im Miniaturstil mit dem Rathaus, den Arkaden und Marktplätzen. Die Ausschilderung des Naturpark-Radwegs mit dem grünen Radsymbol lotst uns parallel zum ausgeschilderten Kinzigtal-Radweg in den Wald. Das Schild „Zur Großvatertanne“ weckt unsere Neugier und wir folgen dem Hinweis. Es erwartet uns ein fast 50 Meter hoher Tannenriese, der zwischen 250 und 300 Jahre alt ist. Auch zu zweit schaffen wir es nicht, diesen Giganten zu umarmen. Die nächste großartige Aussicht erwartet uns am Vogteiturm, einem der insgesamt 14 Augenblicke im Naturpark.
Der geschotterte Waldweg mitten durch den Nadelwald hinunter ins Brauerei-Eldorado Alpirsbach bringt unsere Bremsen immer wieder zum Glühen. Mit einer etwas breiteren Bereifung ist man hier gut ausgestattet. Das Städtchen, das direkt an der Deutschen Fachwerkstraße liegt, wird von der mehr als 900 Jahre alten Klosteranlage und der direkt daneben liegenden Brauereiwelt dominiert. Wer wie wir, hier erst am Nachmittag ankommt und noch einige Kilometer vor sich hat, muss sich entscheiden. Schlägt das Herz für eine Führung durch das Brauereimuseum oder möchte man sich intensiver mit dem Kloster beschäftigen? Wir entscheiden uns für die Brauerei und die alten Braugeschichten. Ganz besonders spannend finden wir die Erläuterung der Sprichworte, wie z.B. „Das haut dem Fass den Boden raus“ oder „Dann sind Hopfen und Malz verloren“, die im Brauwesen ihren Ursprung haben. Natürlich probieren wir auch den Hopfentrunk aus dem frischen Quellwasser.
Schwarzwaldromantik wie aus dem Bilderbuch
An der Kinzig rollen wir dem Fachwerkjuwel Schiltach entgegen. Das bemalte Rathaus am Marktplatz und die zahlreichen gut restaurierten Fachwerkhäuser, gefallen uns sehr. Nicht zu vergessen der Naturpark Augenblick, der über dem Ort thront. Mit dem Flyer „Spaziergang durch die historische Altstadt“ kann man die sehenswerten Punkte von Schiltach wunderbar auf eigene Faust entdecken. Besonders schöne Fachwerkexemplare sind das Strumpfstrickerhaus, das Armenhaus und direkt daneben das Apothekermuseum. Unser Lieblingsplatz ist das Bänklein am Wohnmobilparkplatz Lehwiese: Von hier blickt man auf die Stadtbrücke und kann den Zusammenfluss von Kinzig und Schiltach verfolgen. Außerdem steht hier auch eines der Flöße, das an die Flößerei im mittleren Schwarzwald erinnert. So ein Holzkonstrukt brachte es auf 16 Tonnen – unvorstellbar! Auf unserer Strecke ist jetzt die Ausschilderung des Kinzigtal-Radwegs vorherrschend, denn Naturpark-Radweg und Kinzigtal-Radweg verlaufen hier Hand in Hand. Wir erreichen Wolfach, eine weitere Fachwerkperle. Über die von Cafes, Wirtschaften und Geschäften gesäumte Einkaufsstraße hoppeln wir auf Pflastersteinen. Wir sind begeistert von den bunten Wimpeln mit Schwarzwaldmotiven, die sich über die Straße spannen. Die Motive versprühen richtig gute Laune und am liebsten würden wir die mit Bollenhut behütete Schwarzwaldmarie auf unserem Gepäckträger ein Stück mitnehmen. Gerne hätten wir hier auch noch länger verweilt, aber unser Abendessen in Hausach lockt. Mal rechts mal links von der Kinzig radelnd, meistern wir die letzten Kilometer und erreichen Hausach mit dem Batterieturm und der Burgruine Husen. Hier erwartet uns Naturpark-Wirt Christian Lauble im Gasthaus Zur Eiche.
Naturpark-Wirte – Kulinarischer Genuss zum Niederknien
Wahrlich begeistert sind wir von den leckeren Spezialitäten, die uns der junge Naturpark-Wirt kredenzt. Er verwöhnt uns der Jahreszeit entsprechend, mit dem dreigängigen Themenmenü. Wildleberragout vom Wildschwein mit Birnen-Kürbis-Ragout serviert er zur Vorspeise. Zum Hauptgang folgt ein Wildschweinrücken mit Selleriecreme und Haselnuss-Pesto, Marcair-Kartoffeln und Vanillequitten. Das Fleisch ist wunderbar zart und geschmacksintensiv, ohne zu „wild“ zu schmecken. Zum süßen Abschluss gibt es gefüllte Pflaumen mit Sabayonne und Honig-Rosmarin-Eis, eine großartiges Gaumenfeuerwerk! Regionalität haben sich die zwischenzeitlich mehr als 50 Naturpark-Wirte auf die Fahnen geschrieben. Ihnen allen liegt die Verarbeitung von saisonalen Produkten aus der Nachbarschaft am Herzen. Regional bedeutet hier ganz konkret, dass die Zutaten aus den beiden Naturparken im Schwarzwald kommen. „Die Idee mit einheimischen Erzeugern zu arbeiten, stammt schon von meinem Urgroßvater, dem Gründer unseres Betriebes. Auch meine Mutter, von der ich den Betrieb übernommen habe, hat eng mit den einheimischen Produzenten gearbeitet. Der Schritt zu den Naturpark-Wirten war für uns somit ein kleiner, da wir schon immer regionales Fleisch und Wild oder Obst und Gemüse der Region verarbeiten. Wir zeigen jetzt eben ganz offiziell auch mit der Zertifizierung Flagge“, erklärt uns der Naturpark-Wirt. „Durch die Mitgliedschaft konnten wir unser Netzwerk ausbauen, entdecken immer wieder neue regionale Anbieter, wie z.B. erst kürzlich einen Büffelhof, der original Schwarzwälder Büffelmozzarella herstellt.“ Dieser nachhaltige Abdruck auf unserer Zunge, gefällt uns ausgesprochen gut. „Außerdem wollen wir gemeinsam die Offenhaltung der Täler durch Messer und Gabel unterstützen und die Kulturlandschaft auch als Genusslandschaft erhalten“, gibt er uns mit auf den Sattel.
Bilder der ersten Etappe in einer kleinen „Diaschau“
2. Etappe Hausach nach Achern
Abwechslungsreich und überraschend ist die Landschaft, die wir heute durchfahren. Zuerst schlängelt sich der Radweg entlang der Kinzig, noch hängt der Nebel mystisch zwischen den Hügeln. Bereits nach acht Kilometern erreichen wir Haslach, einen weiteren Ort im Fachwerkstil. An diesen Häuserarrangements haben wir uns noch immer nicht statt gesehen. Wir genießen die kleine Sightseeing-Tour auf dem Rad durch den trubeligen kleinen Ortskern. Beim Alten Pfarrhaus, der schmalen Pfarrgasse und beim Haus am Eselsbeck müssen wir echt alle Daumen nach oben strecken. Es gibt zahlreiche schöne Geschäfte und das Zentrum versprüht genau den lebendigen Charme, den wir uns alle immer wünschen, wenn wir über das Aussterben des Einzelhandels nachdenken.
Gengenbach – Fachwerk durch und durch
Durch ein wahres Apfelparadies, fern der größeren Straßen gelangen wir nach Gengenbach, dem vielleicht bekanntesten Fachwerkstädtle im Schwarzwald. Unbeschreiblich schön, dieses riesige Fachwerkensemble das sich durch die komplette Innenstadt zieht. Hier „muss“ man das Rad auf jeden Fall abstellen, um durch die engen Gassen zu schlendern und immer wieder neue Details zu entdecken. Das Rathaus im klassizistischen Stil, mit seinen 24 Fenstern, ist zumindest in der Weihnachtszeit sicherlich das meist fotografierte Motiv. Dann verwandelt sich das Gebäude in den weltgrößten Adventskalender und allabendlich öffnet sich eines der Fenster und präsentiert ein Kunstwerk eines ausgewählten weltberühmten Künstlers. 2019 darf man sich thematisch auf den Kleinen Prinz von Antoine de Saint- Exupéry freuen. Himmel und Hölle liegen mit der Engel- und der Höllengasse hier direkt nebeneinander. Die schmale Engelgasse direkt an der Stadtmauer ist für uns die schönste Gasse. Wobei es mit der Klosteranlage, dem Marktplatz uvm. so unendlich viel Schönes, völlig frei von Reklameschildern und sonstiger Werbung, zu entdecken gibt.
Der Naturpark-Radweg führt uns weiter zur Naturpark Marktscheune in Berghaupten, einer weiteren Besonderheit. Hier werden Lebensmittel von Produzenten aus der Naturpark-Region verkauft. Zwischenzeitlich beliefern rund 150 Lieferanten die Scheune und es werden rund 600 Produkte verkauft. „Wir freuen uns über die kurzen Wege zu den Herstellern und die Regionalität zieht sich bei uns durch das gesamte Gebäude inklusive Bau- und Verbrauchsmaterial durch. Alles stammt aus der Region, d.h. klarer Fokus Ortenau“, erläutert uns Carmen Rautenberg, die Verwaltungsleiterin bei unserem Besuch. Verlockend lachen uns Schwarzwälder Schinken und Wurstwaren, Schnäpse und sonstige Köstlichkeiten an. Gut, dass unsere Satteltaschen so voll sind, wir nicht in die Einkaufsversuchung kommen. Dafür genehmigen wir uns direkt im angrenzenden Café ein Badisches Dreierlei und Maultaschen mit Kartoffelsalat.
Tapetenwechsel – willkommen in der Obst- und Weinregion
Schloss Ortenberg, das Wahrzeichen der Ortenau umringt von Weinbergen zwinkert uns zu. Die Ortenau zwischen Rhein und Schwarzwald ist begünstigt vom milden Klima. Das sind beste Voraussetzungen für den Weinanbau. Riesling und Burgundersorten gedeihen hier hervorragend und es ist irgendwie ganz speziell, dass wir kurz nach den Nadelwaldpassagen nun von Weinbergen umgeben sind. Offenburg, die größte Stadt in der Region bietet sich für eine kulturelle Pause an. Der Radweg zieht sich am historischen Rathaus und der Fußgängerzone entlang. Wir sind allerdings noch mit einem Winzer in Renchen verabredet und treten kräftig in die Pedale. 15 km sind wir noch vom Weingut Bimmerle entfernt und dieser Abschnitt führt uns durch den prall gefüllten Obstkorb der Ortenau. Leuchtend rote Äpfel und saftig violette Zwetschgen machen uns Appetit. Wahrhaft paradisisch sind die Verlockungen an den Bäumen. Diese Passage ist wie gemacht, um sie entweder im Frühjahr zur Blütezeit oder im Spätsommer zur Apfelernte zu erleben. Zwischendurch lugt immer wieder der höchste Berg des Nordschwarzwalds, die Hornisgrinde, gut zu erkennen am Funkmast, zwischen den Obstbäumen hindurch.
Geschafft, kurz vor 18 Uhr erreichen wir das Weingut Bimmerle und Chef Siegbert nimmt sich noch Zeit für uns. Es macht Spaß dem aufgeschlossenen und selbstbewussten Winzer, der den Familienbetrieb seit 1986 führt, bei einem prickelnden Schluck seines Pinot Sekts zuzuhören. Üppig dekoriert sind die Wände im modernen Ambiente des Verkostungs- und Verkaufsraums. Die zahlreichen Prämierungsurkunden und Ehrenpreise brauchen Platz. Auf die Frage, ob er sich denn nach so zahlreichen Auszeichnungen überhaupt noch über weitere freuen kann, antwortet Bimmerle augenzwinkernd: „Es ist nach wie vor schön sich mit den Kollegen zu messen, auch die internationalen Prämierungen sind toll. Bei den regionalen Wettbewerbern, weiß man wo man im direkten Vergleich steht!“ Über die komplette Ortenau erstrecken sich die Bimmerle Weinlagen, die sich dann als vielfältiges Sortiment in drei Linien hier in den Regalen wiederfinden. Ja, und ein Fläschchen Auxerrois bringen wir dann auch noch in einer Satteltasche unter. Wie im Flug vergeht die Zeit auf dem Weingut und bereits im Dunklen erreichen wir unseren heutigen Zielort Achern.
Bilder der zweiten Etappe in einer kleinen „Diaschau“
3. Etappe von Achern nach Kuppenheim
Zum Etappenstart drehen wir eine Runde über den Achener Wochenmarkt. Auch hier ist Regionalität Trumpf. Am Stand mit den rund 70 (!) verschiedenen Tomatensorten in unglaublicher Formen- und Farbenvielfalt bereichern wir unseren Proviant. Die nächsten Kilometer sind prädestiniert für den Blick in die Rheinebene und zur Hornisgrinde, die nun kurz vor Sasbach zum Greifen nahe ist. Typische Schwarzwaldhäuser mit tief in die Stirn gezogenen Walmdächern machen sich hier breit.
In Bühl, im Landkreis Rastatt, ist am Wochenende das Bühler Zwetschgenfest und wirklich alle Zweibeiner sind unterwegs. Die Gastronomie bietet unglaublich viele Leckereien rund um die Zwetschge an: Zwetschgenknödel, -waffeln, -marmelade, Zwetschgen im Speckmantel, ja sogar Burger mit Zwetschgenmus kann man hier schnabulieren. Auch wer außerhalb dieses Festwochenendes die Stadt an der Bühlot erreicht, kann einiges entdecken. Man muss dafür ein wenig die Hauptstraße verlassen, denn die charmanten Ecken zeigen sich auf den zweiten Blick. Von den Zwetschgen gelangt man in Bühl an der Winzergenossenschaft Affenthal dann direkt in die Weinberge wo sich der Radweg hindurch schlängelt. Hier wachsen uns die Trauben sozusagen im Vorbeifahren direkt in den Mund. Zwischen den Reben finden sich wunderbare Fotostopps mit dem Rheintal und den Vogesen im Hintergrund.
Baden-Baden, die Stadt der Schönen
Dem Renommee von Baden-Baden können wir nicht widerstehen. Der Radweg führt zwar am Stadtzentrum vorbei, aber entlang der Oos machen wir den kleinen Abstecher direkt hinein ins pulsierende Leben. Bei herrlichem Sonnenschein sind alle Stühle im Freien belegt und es ist grandios die Räder zwischen den Villen und auf den Promenaden hindurch zu schieben oder auf einem der zahlreichen Fahrradwege vorbei zu radflanieren. In Baden-Baden trägt selbst der Radfahrer Anzugsweste. Casino, Trinkhalle, Kurmuschel, die Lichtentaler Allee, die nur für Linienbusse und Radfahrer freigegeben ist, reihen sich wie an einer Perlenkette aneinander. Trotz aller Gediegenheit, genießen wir in unseren sportlichen Outfits die Spätsommer-Atmosphäre.
Nach dem schicken Abstecher ist Kuppenheim, das Tor zum Murgtal, bald erreicht. Hier geht es im Vergleich eher ruhig und beschaulich zu. Mit der Kirche und einem kleinen geschichtsträchtigen Stadtmauer-Überbleibsel sind die Highlights schnell beschrieben. So bleibt viel Zeit sich die gute Küche im familiären Gasthaus Blume schmecken zu lassen.
Bilder der dritten Etappe in einer kleinen „Diaschau“
4. Etappe Kuppenheim nach Bad Wildbad
Wer am Morgen einen kleinen Kick braucht, um richtig in die Gänge zu kommen, der ist auf dem Testparcour des Unimog Museums in Gaggenau an der richtigen Adresse. Die folgenden Orte wie Winkel, Oberweier und Malsch bringen ein stetiges Auf und Ab mit sich. Ruhig zieht sich unsere Etappe auf separatem Radweg oder parallel zur Straße entlang. Nach rund 26 km erreichen wir Ettlingen und stoßen direkt auf das Schloss. Unser erster Eindruck der Stadt im Kopfsteinpflaster-Look ist gut. Die Alb, der schmale Fluss der sich durch die Stadt zieht, wird von zahlreichen kleinen grünen Fußgänger-Brücken überspannt. Das verleiht der Stadt ein besonders Flair. Der Radweg zieht sich durch die verkehrsberuhigte Fußgängerzone. Beim Schieben bekommen wir Appetit, bei einem Eis noch ein bisschen länger zu verweilen. Fündig werden wir am Kirchenplatz; es gibt unglaublich viele, auch sehr außergewöhnliche Sorten und wir treffen eine leckere Wahl. Vom rund zwei km außerhalb, auf einer Anhöhe liegenden Bismarckturm wird uns eine großartige Aussicht versprochen. Aber dieser Umweg ist ziemlich steil und wir verzichten besser. Dann geht es das Albtal entlang oberhalb der Landstrasse schattig, aber zwischendurch etwas lautstärker durch den Wald. In Marxzell sind wir kurz direkt an der viel befahrenen Straße und der Abzweig nach links ist schwierig zu meistern.
Abwechslungreicher Mix
Zum Glück endet dieser verkehrsreiche Abschnitt schon nach wenigen hundert Metern. Der Weg führt uns nun durch das stille Maisenbachtal. Der Bach plätschert, Pferde grasen auf einer Lichtung, hier hören wir nur die Natur und die Reifen auf dem Schotter. Abgelöst wird die Idylle von einem rund einem km langen Anstieg nach Langenalb und am Ende klopft der innere Held uns anerkennend auf die Schulter. Wer den Füßen und Beinen etwas Erholung gönnen möchte, nutzt den 400 m langen Barfußpfad mit Matsch und Modder in Straubenhardt. Einer Schussfahrt mit Spitzengeschwindigkeit gleicht die Abfahrt hinunter nach Neuenbürg. Wer allerdings ein „Ganzkörperfoto“ vom Schloss haben möchte, muss zwischendurch kräftig auf die Bremse treten. Wir gehen leider ohne aus! Dafür schieben wir uns den steilen Berg hinauf zum Schloss und zur Ruine, eine weitere sportliche Heldentat! Das Schloss beherbergt eine Zweigstelle des Landesmuseums in Karlsruhe. Geschichtlich interessant, Aussicht eher schwierig! Wer auf die zusätzlichen Höhenmeter verzichtet, nimmt direkt den Radweg unten im Tal. Hier erwartet uns eine kleine Ausschilderungsdurststrecke. Das nächste Schild gibt es erst wieder in Wildbad Nord zu erspähen. Aber immer an der Enz entlang, kann man sich eigentlich nicht verfahren. Bis zum heutigen Ziel sind es noch rund 14 Kilometer, der plätschernde Fluss und nun auch wieder Nadelwald an den Hängen begleiten uns. Auf dem parallel verlaufenden Enztal-Radweg rollen wir nach Bad Wildbad. Der Kurpark von Bad Wildbad ist wunderschön, ein abendlicher Abstecher oder am Morgen lohnen sich auch mit dem Fahrrad.
Bilder der vierten Etappe in einer kleinen „Diaschau“
5. Auf der Schlussetappe von Bad Wildbad nach Freudenstadt, die Qual der Wahl
In Wildbad müssen wir uns entscheiden: Die eine Radweg-Variante bietet nochmal einige Höhenmeter und dann typisches Schwarzwaldfeeling. Die zweite Option folgt dem Verlauf der Enz und man ist eher im Tal unterwegs. Wir entscheiden uns für die sportlichere Variante durch die Wald- und Moorlandschaft.
Die ersten 300 Höhenmeter hinauf übernimmt für uns ganz entspannt die Sommerbergbahn. Dort wollen wir unbedingt, die beiden Outdoor-Attraktionen ausprobieren: Wir schlängeln uns auf dem Baumwipfelpfad 1,2 km mit den Baumspitzen auf Augenhöhe durch den Wald, Höhepunkt ist natürlich die Aussicht vom Turm. Direkt im Anschluss tänzeln wir mit reichlich Adrenalin über die neue WildLine®, eine nach oben gebogene, 380 m lange Hängebrücke 58 m über dem Tal. Zurück auf den Rädern geht es durch wunderbare Waldpassagen vorbei an Hütten, die zum Picknicken einladen. Wir treten etwas in die Pedale und erreichen die Hochmoorlandschaft von Kaltenbronn, die mitten im gleichnamigen und gleichzeitig größten Bannwaldgebiet Baden-Württembergs liegt. Der Horn- und der Wildsee, das größte Hochmoorkolk Deutschlands, stehen auf unserer Empfehlungsliste. Auch wenn wir nicht dort waren. Das ist ein kleiner Wermutstropfen auf unserer Tour. Ein Bohlenweg zu den Seen zweigt, direkt vom Fahrradweg ab. Kurz darauf rollen wir hinunter zum Infozentrum Kaltenbronn. Der Abstecher ins Tal verläuft auf einer neuen bestens asphaltierten Straße. Im Naturparkzentrum, einem ehemaligen Jagdhaus, gibt es vieles rund um die Naturphänomene Moorlandschaft und Bannwald sowie deren Bewohner zu entdecken. Mit Kindern macht diese Erkundung sicher noch mehr Spaß!
Natur pur im Hochmoor Kaltenbronn und dem Naturschutzgebiet Hohlohsee
Auf der Passage zurück zum ausgeschilderten Radweg sind die Oberschenkelmuskeln gefordert, wer mit dem E-Bike unterwegs ist, hat jetzt gut lachen. Etwas ermattet kommen wir am mitten im Wald liegenden Kaiser-Wilhelm-Turm, liebevoll Hohloh genannt, an. Der 360-Grad Blick von oben aus über 1000 hm reicht bis in die Vogesen. Die Rheinebene glitzert vor sich hin, das Murgtal zeigt sich und auch die Schwäbische Alb ist bestens zu sehen.
Ein Kilometer entfernt vom Turm liegt das Naturschutzgebiet Hohlohsee, eine weitere Naturschönheit. Über einen alten Bohlenweg gelangt man ins Hochmoor mit seiner typischen Fauna: Birken, Kiefern und Schilfgras versetzen uns gedanklich nach Skandinavien.
Nun trennen uns noch rund 35 km von Freudenstadt. Zurück am Turm zieht sich der geschotterte Radweg durch den Wald. Die Landschaft hüllt sich in Schweigen: Keine Wanderer, keine weiteren Radfahrer, nur wir und die Natur. Radelndes Waldbaden, so lässt sich unser Sattelgefühl und Geruchserlebnis gut beschreiben. Es duftet nach Tannennadeln und trockenem Holz. Vor unserem inneren Auge, sitzen wir schwitzend mitten in einem Badezuber und nehmen ein wohltuendes Bad. Der Schweiß rinnt auch ganz real. Der anfängliche Eindruck, dass es nach dem Hohloh nur noch Berg ab geht, täuscht. Zwischen den teils langen Abfahrten gibt es doch immer wieder kleine Anstiege, die an unserer Kondition bis zum Ziel knabbern. Perfektes Timing: Als wir wieder auf dem Marktplatz in Freudenstadt einrollen, bleiben uns genau noch 45 Minuten Zeit bis unser Zug zurück nach Hause fährt. Besser hätten wir es nicht planen können!
Bilder der fünften und letzten Etappe in einer kleinen „Diaschau“
Naturpark Augenblicke – ausblicken und genießen
Outdoor-Nervenkitzel die Zugabe am Sommerberg, Bad Wildbad
Am Beginn unserer letzten Etappe können wir zwei ganz besonderen Outdoor-Aktivitäten nicht widerstehen. Dem Baumwipfelpfad und der 2018 eröffneten WildLine®, einer nach oben gewölbten Hängebrücke mit 380 Metern Spannweite. Der Baumwipfelpfad liegt nur wenige Meter von der Bergstation der Sommerbergbahn entfernt. Nach den zahlreichen Radkilometern in den vergangenen Tagen tut eine längere Gehstrecke doch ganz gut. Auf rund 1,2 km wandeln wir 20 Meter über der Erde durch den Bergmischwald, sind auf Augenhöhe mit den Bäumen und inhalieren Schwarzwaldduft. Mit einem kleinen Drehwurm, nach zehn Etagen oben auf dem Turm angekommen, gibt es freie Sicht auf die Schwäbische Alb. „Sie müssen mal im Winter hierher kommen, da sehen Sie bis zu den Alpen“, erklärt uns eine regelmäßige Besucherin mit Dauerkarte. Und von hier oben blitzt auch schon etwas Metall durch den Wald, das muss ein Teil der WildLine® sein, die wir direkt im Anschluss ausprobieren. Es fühlt sich ein bisschen an wie die tanzenden Schmetterlinge vor dem ersten Date, als wir uns auf die schmale nach oben gewölbte Hängebrücke begeben. Der Gitterrost gibt den Blick nach unten frei, was den Adrenalinausstoß noch weiter in die Höhe treibt – wir „schwingen“ rund 60 m über dem Boden. Nach einer Weile beruhigt sich unser Magen und wir fangen an die Aussicht zu genießen, schon eine ziemlich coole Angelegenheit. Die beste Sicht auf die ganze nach oben gebogenen Brücke hat man am entgegen gesetzten Ende des Bauwerks. Dort gibt es einen kleinen Spazierweg auf dem man dann parallel zur Brücke steht.
Informationen zur Tour
Route:
Der Radweg durch den Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord ist als Rundweg angelegt und in beide Richtungen ausgeschildert. Der Einstieg in die Tour ist somit an jedem beliebigen Ort an der Strecke möglich. Wir waren mit einigen Abstechern 307 km unterwegs mit insgesamt rund 2300 Höhenmetern.
Unsere Etappen:
1. Freudenstadt – Haslach, 52,5 km
2. Haslach – Achern, 68,5 km
3. Achern – Kuppenheim, 49 km
4. Kuppenheim – Bad Wildbad, 74 km
5. Bad Wildbad – Freudenstadt, 63 km
Höchster/tiefster Punkt: 981 m/120 m
Anreise:
Mit der Bahn: Wer die Radtour z.B. in Freudenstadt oder Offenburg beginnt, kann die Anreise mit der Bahn einfach gestalten. Die Fahrradmitnahme ist in den regionalen Bahnen problemlos möglich.
Mit dem Flugzeug: Nächstgelegene Flughäfen sind in Stuttgart, Baden-Baden und Basel/Muhlhouse.
Parkmöglichkeiten: Wer mit dem Auto anreist, nutzt am besten die bewachten Parkhäuser in Freudenstadt und Offenburg.
Organisierte Touren: Wer die Planung und Buchung lieber Dritten überlässt, findet hierzu ebenfalls detaillierte Angebote.
Beste Reisezeit:
Das Frühjahr, ab Mitte April und der Spätsommer/Herbst ist aus unserer Erfahrung, die optimale Zeit für diese Tour. Die Strecke führt insbesondere um Offenburg durch zahlreiche Streuobstwiesen und Obstplantagen. Die sich im Frühjahr in ein Blütenmeer verwandeln und einen im Herbst kurz vor der Ernte durch ein wahres Obstkörbchen führen. Zahlreiche Abschnitte führen jedoch auch durch den Wald, der im Sommer für angenehme Temperaturen sorgt.
Karten und Buchmaterial:
Radtourenbuch Naturpark-Radweg Schwarzwald Mitte/Nord, bikeline – Verlag Esterbauer, Maßstab 1:50.000, ISBN: 978-3-85000-376-6. Weitere Informationen: Offizielle Seite des Naturpark-Radwegs.
Unsere Übernachtungen auf der Tour:
Gasthof zur Eiche, Hausach (Bett + Bike-Betrieb)
Schwarzwälder Hof, Achern (Bett + Bike-Betrieb)
Gasthof zur Blume, Kuppenheim (Bett + Bike-Betrieb)
Gästehaus Kühnle, Bad Wildbad
Auf der Tour gibt es unterschiedliche Übernachtungsmöglichkeiten, weitere fahrradfreundliche Bett + Bike-Betriebe liegen auf der Strecke.
Sehenswertes am Wegesrand und ergänzende Aktivitäten:
Café Pause, Freudenstadt
Augenblick, Vogteiturm bei Lossburg
Kloster Alpirsbach
Besichtigung der Alpirsbacher Brauwelt
Augenblick an der Ruine Schlossberg, Schiltach
Naturpark Marktscheune, Berghaupten
Weinprobe beim Weingut Siegbert Bimmerle, Renchen-Erlach
Unimog Museum, Gaggenau
Eiscafe Pierod, Ettlingen
Schloss Neuenbürg
Naturparkinfozentrum, Kaltenbronn
Augenblick, Bergstation Sommerbergbahn, Bad Wildbad
Baumwipfelpfad, Bad Wildbad
WildLine®, Bad Wildbad
Wer weitere Bilder sehen möchte, geht auf Thomas Webseite.
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Hey danke für den tolle Beitrag! Mit einem Elektrobike kann man eine coole Tour machen und die komplette Strecke besichtigen :)
Beste Grüsse
Ja, mit dem E-Bike kann man die Strecke rocken. Aber auch ohne geht es sehr gut, wenn man die Hügel-Challenge mag.
Viele Grüße Silke & Thomas
Hallo tolle Bilder bekommt man richtig Lust zum radeln,macht weiter so,seid eintolles Team.
Vielen Dank für die schöne Rückmeldung. Das beflügelt uns! Viele Grüße aus Stuttgart, Silke u. Thomas
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Ich würde am liebsten sofort aufsteigen und eure tolle Tour nachreisen.
Besonders die Kombination aus Outdoor und kulinarischer Genuss ist großartig.
Ich bin sofort dabei, nehmt ihr mich mit?
Liebe Grüße Katja
Ein sehr schöner Bericht, der nicht nur Spaß macht zu lesen, sondern auch richtig Lust, gleich selbst loszuradeln. Und das sag ich, als absolute Fahrradverweigerin. :) LG Julia
Hallo Julia,
vielleicht wäre es ja mal einen Versuch wert! Wirklich eine tolle Tour mit vielen Erkundungs- und Besichtigungsmöglichkeiten an der Strecke!
Viele Grüße Silke & Thomas