Thomas ist wieder mal mit einem seiner besten Freunde unterwegs. Wie so oft bleibt nur in der Nebensaison für beide Zeit und so starten sie Ende Februar im Bayerischen Wald auf Deutschlands erstem Bierfernwandernweg in der touristischen Region Arberland im Bayrischen Wald. Sechs Tage für acht Etappen und ca. 125 km haben die beiden Freunde vor sich. Vielleicht auch etwas mehr, denn einen Abstecher zu unseren Nachbarn in Tschechien wollen sie auch noch machen.
Mit der Bahn zum Fluss – Startpunkt in Regen
Die Anreise mit der Bahn nach Regen gestaltet sich einfach und entspannt. Der Bahnhof liegt relativ in Stadtnähe und Regen selbst empfängt uns am Abend mit den Resten einer Faschingsveranstaltung. Mal sehen, ob wir noch was zu Essen und Trinken bekommen? Die Wirtschaften sind alle ziemlich voll und laut. Eigentlich nicht das, was wir suchen, aber Ruhe bekommen wir bestimmt an den kommenden Wandertagen genug. Check in im „Brauereigasthof Falter“ gleich neben der dazugehörigen Privatbrauerei. Das ist auch die einzige vorgebuchte Unterkunft unserer Tour.
Erste Etappe auf dem Bierfernwanderweg von Regen nach Böbrach – Auenlandschaften und Aussichten
Im Traditionsgasthaus „Wurstglöckl“ mit eigener Metzgerei bekamen wir gestern noch ein deftiges Abendbrot mit Schunkelmusik und Unterhaltung. An den Dialekt müssen wir uns erst noch etwas gewöhnen, aber es war auf jeden Fall lustig, … auch für unsere Tischnachbarn. Versackt sind wir dort nicht, sodass wir heute früh aufbrechen konnten und nun inmitten einer unbayerischen Auenlandschaft wandern. Der Schwarze Regen ist seit dem Ortsausgang unser Begleiter, formt die Landschaft und lässt uns auf breiten Wegen langsam unser Tempo finden. Gemächlich vor uns hintrottend, im Gespräch und in Gedanken bei unseren Touren der vergangenen Jahre, hätten wir fast die Abbiegung zum Klafferhof verpasst. Die Bahnunterführung links also nicht verpassen! Ab der Klaffermühle geht es auf Wald- und Forstwegen immer wieder hoch und runter bis zum Schönecker Riegel. Das Schild zum Aussichtsturm ist verlockend und eine Mittagspause steht auch langsam an. Direkt unter dem Aussichtsturm Langdorf (833 hm) sind Tische und Bänke installiert. Mahlzeit!
Im Märchenwald abwärts nach Böbrach
Der Turm markiert unseren Wander-Höhepunkt des Tages. Wir folgen einem Stationenweg im Wald bergab und haben uns dann in Schöneck wahrscheinlich etwas verlaufen, denn nun folgen knapp 2 Kilometer entlang der Straße. Kein besonders schöner Abschnitt, aber dank sehr wenig Verkehr auch nicht gefährlich. Irgendwann, kurz vor einem Parkplatz, geht´s dann auch wieder links auf einen Wanderweg Richtung Jägerhaus. Unterwegs liegt die „Märchenalm“, leider oder auch Gott sei Dank kündigt schon ein Schild am Wanderweg an, dass die Alm geschlossen hat. Den Weg sparen wir uns somit, auch wenn wir gerne in den ersten Biergenuss gekommen wären. Ein verwunschener Abschnitt im Wald entlang und über den Rothbach liegt noch vor uns, bevor wir in Böbrach im „Landgasthof Bayerwald“ ein Zimmer finden, das erste Bier des Tages und auch noch einen Platz für´s Abendessen reservieren können. Reservieren? Hier ist doch nichts los? Der Wirt erinnert uns daran, dass heute Rosenmontag ist und es abends eine Veranstaltung im großen Saal gibt. Na Prost! Wir lassen uns überraschen.
Deutschlands erster Bierfernwanderung ist eine ca. 125 km lange Runde, die auf acht Etappen aufgeteilt werden kann. Durch die gute Anbindung an die Waldbahn können aber auch Etappen abgekürzt oder übersprungen werden. Ein besonderes Schmankerl oder Guti, wie man in Bayern sagt (Guti steht im bayerischen Sprachgebrauch für Bonbon und gilt auch als kleine Belohnung.), ist eben jenes GUTi, das „Gästeservice-Umwelt-Ticket„. Mit der Gästekarte in Arnbruck, Bayerisch Eisenstein, Bischofsmais, Bodenmais, Drachselsried, Frauenau, Geiersthal, Kirchdorf im Wald, Kollnburg, Langdorf, Lindberg, Regen, Viechtach und Zwiesel kann man auch kostenlos im Bayerwald-Ticket-Tarifgebiet Bus und Bahn fahren. Fragt gleich bei der Ankunft nach der Gästekarte und einem GUTi.
Die zweite Etappe auf dem Bierfernwanderweg von Böbrach nach Viechtach – viel Fluss wenig Bären
Gleich zu Beginn der heutigen Etappe haben wir uns für eine Abkürzung entschieden. Nicht weil wir gestern noch am Blutwurzstammtisch sitzen „mussten“, nein-nein, weil uns der Extraschlenker nach Teisnach nicht besonders reizte. Die Brauerei im Ort wäre auch für unsere Tagesplanung etwas früh dran gewesen. Wir haben uns also gegen 9 Uhr vom noch etwas verkaterten Wirt verabschiedet und sind später am Hotel Ödhof gleich der Wandermarkierung rote [10] wieder ins Tal des Schwarzen Regens gefolgt. Hoch und runter geht es erneut entlang des Flusses an dessen Ufer nun auch immer mal imposante Felsen auftauchen. Laut Prospektversprechen sind wir ab jetzt bis Viechtach in „Bayerisch Kanada“ unterwegs. Und so wie sich der Schwarze Regen zwischen Steinen, Felsen und Baumstämmen schlängelt und windet, können wir das auch gut so unterschreiben. Nur Bären, wie in Québec, haben wir bisher nicht gesehen.
Erster Bierge(h)nuss an der Schnitzmühle
Am historischen Bahnhaltepunkt Gumpenried-Asbach wechseln wir die Flussseite und der Wanderweg changiert von abenteuerlich zu eher mäßig spannend. Ca. 2,5 Kilometer geht es nun auf einem breiten Sandweg mal näher mal weiter weg vom Schwarzen Regen entlang. Der Vorteil ist, dass wir so ganz gut Strecke machen und schnell vorankommen. Ab Gstadt geht´s wieder steil hoch nach Heid am Sand. Bisher blieb heute der Bierge(h)nuss noch ziemlich auf der Strecke, doch es kündigt sich nun auf der Höhe Richtung Fischaitnach die Schnitzmühle an. Den kleinen Abstecher zum dortigen „Adventure Camp“ machen wir gerne und stärken uns mit einer warmen und einer kalten Suppe.
2,5 Kilometer sind es nun noch bis Viechtach. Es geht auf 16 Uhr zu und wir überlegen, ob wir doch schon mal versuchen, ein Zimmer online zu buchen … NEIN, das kleine Abenteuer lassen wir uns noch offen und wandern auf der Schwarzholzstrasse direkt und voller Zuversicht nach Viechtach-Downtown. Tja, dort folgt dann Ernüchterung. Wir finden kein offenes Hotel und Gaststätten erst mal auch nicht. Eine Extrarunde zum Regen hinunter zeigt uns zwar schon den Einstieg in die morgige Etappe, aber kein offenes Hotel oder Pension. Mit etwas Gück bekommen wir jemanden im „Hotel Schmaus“ ans Telefon und dort auch einen guten Tipp für ein leckeres Abendessen. Das sind die kleinen Glücksgefühle, die bei einer durchgeplanten Tour nicht aufkommen.
Biergenuss in Brauereien auf der Strecke:
Auf den acht geplanten Etappen kommt man auch an acht Brauerei vorbei. Wir haben nicht alle besucht, aber alle Biere zumindest unterwegs verkosten können. Damit ihr keine verpasst, wenn ihr auf unseren Spuren unterwegs seid, listen wir alle auf:
- Privatbrauerei J.B. Falter in Regen ✓
- Brauerei-Gasthof Eck in Böbrach
- Ettl-Bräu in Teisnach
- Viechtacher Gesellschaftsbrauerei in Viechtach
- Falterbräu e.K. in Drachselsried ✓
- Schlossbräu Drachselried in Drachselsried
- Adam Bräu in Bodenmais ✓
- 1. Dampfbierbrauerei Zwiesel in Zwiesel
Etappe Nummer Drei auf dem Bierfernwanderweg – Speedhiking, die schnellste Etappe unserer Wandergeschichte
Wir konnten nicht so richtig schlafen und waren schon 8.20 Uhr auf den Beinen. Direkt vor dem Hotelausgang findet ein kleiner Wochenmarkt statt. Wir konnten in den vergangenen Tagen ja nur spärlich einkehren, weil die Jahreszeit noch nicht so „biergartig“ ist, also kaufen wir uns ein paar Kleinigkeiten für den Weg ein. Tee für die Thermoskanne haben wir schon im Hotel bekommen. Das hat immer vorbildlich geklappt. Die Wegführung vom Viechtacher Land ins Zellertal, also von Viechtach nach Drachselsried ist heute so angelegt, dass wir schnell sein werden. Ca. 60 % Asphalt, 30 % breiter Forstweg und nur 10 % abenteuerlicher Pfad erwarten uns auf rund 15 km.
Erst gemächlich, dann steil hinauf zur Aussicht von der Ruine Neunußberg
Laut Wanderkarte und -broschüre wäre diese die erste Etappe auf dem Bierge(h)nuss Wanderweg. Vielleicht läuft es sich deswegen auch anfänglich wirklich sehr gemächlich. Entlang des Schwarzen Regens gehen wir gemütlich aber zügig, werfen immer mal wieder einen Blick zurück, sehen die Dächer und Kirchtürme von Viechtach, das „Adventure Camp Schnitzmühle“ am Fluss und auch Teile unserer gestrigen Strecke gegenüber. Etwas unwegsamer, steiler aber auch abenteuerlicher geht´s ab Gstadt durch den Wald. Die Rasthütte Mahlbrunnen liegt am Weg, wir nehmen einen Schluck aus der Teekanne und steigen dann auf Stufen hinauf zur Burgruine Neunußberg. Die Aussicht ist klasse, der kleine Hunger kommt auch auf und wir liegen gut in der Zeit. Vesper mit Aussicht ist also angesagt.
Wandern nach Zahlen
Bis hierher sind wir der roten (4) gefolgt. Ab Neunußberg folgen wir der blauen [2]. Dieses wandern nach Zahlen hat auf dem Bierge(h)nusswanderweg System … und wird uns noch etwas zum Verzweifeln bringen. Heute klappt aber alles gut. Wir stapfen noch etwas bergauf und bergab, genießen den Bilck aus dem „Bayerwaldfenster“ einer weiteren Schutzhütte und die Aussicht mit erstem Schnee auf fast 800 m Höhe. Trotzdem erreichen wir Drachselried bereits um 13 Uhr. So schnell und zeitig haben wir keine Wanderetappe beendet. In der Touristinfo fragen wir nach Übernachtungsalternativen, wenn wir noch weiter gehen würden. Aber die sind genau so rar, wie hier vor Ort. So verbringen wir einige Zeit mit der Suche nach einer Unterkunft und werden dank des engagierten Touristikers fündig in der „Pension Vogl“. Wir bekommen eine Ferienwohnung zum Sonderpreis und ein einheimisches Bier der Brauerei Schlossbräu zur Begrüßung. Gut so, denn der Brauereigasthof hat leider geschlossen, wohl auf Dauer!
Halb Elf in Bayern – die vierte Etappe auf dem Bierfernwanderweg bringt schnellen Bierge(h)nuss
Die blaue [4] führt uns heute wieder recht zeitig aus Drachselsried heraus und lässt uns sofort munter werden. Sieben Kilometer geht es hinter dem Dorf nur bergauf und wir wandern endlich durch Schnee. Neuschnee und das rundherum. Eine gestrige Übernachtungsmöglichkeit wäre die Berghütte Schareben gewesen. Im Moment sind wir wirklich froh, dass wir den Anstieg nicht noch unter die Wanderstiefel genommen haben. Kurz vor dieser Hütte, die wir natürlich besuchen wollen, gibt es noch einen schönen Aussichtspunkt, die Spitzwaldkanzel (980 m) am Plattenriegel. Doch mit dem Erreichen der Berghütte Schareben, reißen wir auch bald die 1000 Höhenmeter Marke. Da wir auf einer Genusswanderung sind, die Hütte Punkt 11 Uhr gerade geöffnet hat, lassen wir uns nicht lange bitten. Ganz schnell dampft die heiße Leberknödelsuppe vor uns und den Durst löschen wir mit einem Drachselsrieder Bier. 11 Uhr auf Deutschlands 1. Bierfernwanderweg – Bierge(h)nuss vom Feinsten. :-)
Schareben gibt es seit ca. 1846 als Diensthütte für das Forstpersonal, seit 1960 wird das Gebäude als Wirtschaft mit Übernachtungsmöglichkeit betrieben. Zwischenzeitlich (1989) hat der Wald-Verein Drachselsried, der sich die Bewahrung und Erhaltung der Hütte zur Aufgabe gemacht hat, das Anwesen übernommen. Hüttenwirt Uli Mühlbauer war 12 Jahre Brauer im Schloßbergbräu und hat im Oktober 2020 sein 5-jähriges Jubiläum auf der Berghütte begangen. Als wir ihn treffen, ist er jedenfalls guten Mutes und sicher, dass er den richtigen Schritt gemacht hat.
Die Elf gut eingeprägt und doch verpasst
Gestärkt und auch leicht beschwingt ob des frühen Bieres gehen wir auf die Suche nach der roten (11). Wir wollen noch einen Gipfel „mitnehmen“. Der Hochstein mit seinen 1134 m lässt sich auch im Winter leicht besteigen. Wenn man gleich hinter Schareben der 11er Markierung folgt, liegt das Gipfelkreuz auch am Wege. Wir folgen etwas der roten (11) – es ist ein Rundweg ab der Berghütte – erreichen das Gipfelkreuz und müssen dann den gleichen Weg wieder zurück gehen. Das ist aber im wahrsten Sinne kein Beinbruch und ein lohnender Abstecher. Zu Beginn haben wir noch gute Sicht, doch schnell setzt starker Schneefall ein.
Die verlorene Sechs – auf leichten Abwegen nach Bodenmais
„Ganz einfach der grünen [6] folgen ab dem Hochstein, talwärts nach Bodenmais“, so stehts in der Broschürenbeschreibung. Leider haben wir an einer Abzweigung den falschen Weg gewählt und sind dann etwas querbeet durch den Wald und auf verschiedenen Wegezahlen ([7], [5]) wieder auf dem richtigen Weg gelandet. Wobei es ja keinen so richtigen Weg gibt und wir ja auch immer noch das kleine Abenteuer suchen. Über Ober- und Unterlohwies gelangen wir nach Bodenmais, befragen die Damen und Herren im Touristbüro nach einer Unterkunft und landen schließlich in der „Pension Deml“. Kurz frisch machen und dann schnell zum Biergenuss und Abendessen ins Adam-Bräu. Auf dem Rückweg zur Pension leuchtet im Schneegestöber das „Pils Inn“ noch vielversprechend für einen Absacker. Johann „James“ Wutz, Wirt und Musikliebhaber sieht zwar von den vergangenen Faschingstagen noch etwas mitgenommen aus, gibt uns aber freundlich Auskunft und noch einen Spezialcocktail aus. Jetzt reicht´s uns und wir fallen ins Bett.
Etappe Nr. Fünf auf dem Bierfernwanderweg von Bodenmais … nicht nach Zwiesel
War es nun der Freicocktail von James, ist es der einsetzende starke Schneefall oder einfach die noch nicht ganz ausgereifte Beschildung? Jedenfalls sind wir irgendwie heute auf Abwegen. Wir wollen clever sein und starten direkt an unserer Pension und gehen nicht wie auf dem Plan beschrieben am Rathaus in Bodenmais „über Los“. Das wäre ja ein Umweg, nene nicht mit uns. Wir sind sowieso schon relativ knapp mit unserer Wanderzeit dran und wollen auch noch unser Nachbarland besuchen. Wir gehen los, kommen gut bergan voran und halten immer Ausschau nach der [10]. Irgendetwas ist aber seltsam. So steil sollte es doch gar nicht bergan gehen: Wenn wir die Höhenlinien auf der Karte betrachten, außerdem sollte der Weg auch viel näher an der Strasse entlang führen. Plötzlich geht uns ein Licht auf. Wir folgen zwar der (10), aber nicht der grünen im Rechteck, sondern der roten im Kreis. Malen nach Zahlen ist einfacher als wandern nach Ziffern. Jetzt sind wir jedoch schon fast oben auf dem Silberberg. Das letzte Stück zum eisigen Gipfelkreuz (955 m) nehmen wir auch noch mit Anlauf, schauen uns oben kurz um, flüchten dann aber schnell wieder in windgeschützte Bereiche, denn hier oben ist es sehr zugig. Am Eingang zum Besucherbergwerk Barabarastollen ist schon eine kleine Après-Ski-Hütte geöffnet und versorgt nicht nur uns mit wärmenden Getränken am Rande der Piste. Die Extrapause gibt uns auch Zeit, zu überlegen, wie wir weiter wandern.
Die Entscheidung fällt zugunsten der Waldbahn
Im ehemaligen Silberbergwerk könnten wir eine Stollentherapie machen oder zumindest eine Bergwerksführung, aber wir entscheiden uns dagegen. Ebenso entscheiden wir uns gegen eine Übernachtung in Zwiesel. Wir gehen einfach, schnell und unspektakulär die Silberbergstrasse hinunter bis zur Haltestelle der Waldbahn am Böhmhof. Somit nutzen wir auch einmal die Gästekarte mit dem inkludierten GUTi. Vom Böhmhof bringt uns die Bahn direkt und zuverlässig in nur 30 Minuten an den Eingang des Nationalparks. Etwas wandern wollen wir heute jedoch auf jeden Fall noch. Von Ludwigsthal bis Bayerisch Eisenstein sind es noch gut 12 Kilometer. Das schaffen wir und tauchen ein in den Urwald des Nationalparks Bayerischer Wald.
Lindenblatt und Bussard führen uns durch den Wald
Im Nationalpark ist die Wanderbeschilderung auf Premiumniveau. Wir können uns an den einfach zu findenden Zeichen orientieren, folgen als Erstes dem „Lindenblatt“ und landen schnell beim „Schwellhäus`l“, der Trifter-Klause mitten im Nationalpark Bayerischer Wald. Trifter? Wir haben uns erkundigt und erfahren, dass hier die Flößer so genannt wurden. Der Große Regen ist gar nicht weit weg und war für die Flößer ein triftiger Grund hier tätig zu werden. Zusammen mit dem Kleinen Regen vereinigt er sich in Zwiesel zum Schwarzen Regen den wir ja schon kennen. Als wir mitbekommen, dass die Quelle des Großen Regens am Pancíř in Tschechien liegt, wissen wir, wo wir morgen hinwandern. Diese Idee kam uns bei einem Biergenuss und leckeren belegten Broten im „Schwellhäus´l“. Darauf doch gleich noch eins!
Die richtig wilden Wanderwege können wir leider nicht gehen. Ein Baumsturz zwingt uns auf den gut geräumten Radweg. Generell gilt im Nationalpark: Bleibt auf den markierten Wanderwegen! Wahrscheinlich sind sie auch deswegen so gut markiert.
Die nächste Entscheidung wird beim Dampfbier gefällt – wir bleiben hier!
Umgestürzte Bäume passen gut zum Nationalparkcharakter und geben uns am Wegesrand ein bisschen Urwaldfeeling, auch wenn wir fast zu 75% auf relativ großen Wegen laufen. Im leichten Dämmerlicht erreichen wir dann Bayerisch Eisenstein. Die kleine Grenzgemeinde mit ihren gut 1000 Einwohnern hat einen deutsch-tschechischen Bahnhof, einen kleinen Laden und ein paar Gaststätten. Mehr brauchts nicht und wir können uns diesen Flecken auch gut als Basislager für mehrere Outdoortage vorstellen – winters und sommers. In der „Arberresidenz“ finden wir eine Unterkunft und beschließen bei einem Zwieseler Dampfbier in der „Schmugglerhütte“, dass wir unsere beiden letzten Nächte in Bayerisch Eisenstein verbringen und morgen einen Ausflug zum Pancíř in Tschechien machen. Ihr wisst schon, die Quelle des Großen Regens. Apropos Dampfbier: Da wir ja nicht in Zwiesel Station machen konnten, haben wir hier diese Spezialität des Bierge(h)nusswanderweges probiert. Es erinnert uns etwas an das Rauchbier (z.B. Schlenkerla oder Spezial) aus Bamberg und ist, nunja, Geschmackssache.
Grenzübergreifendes Bahnwandern – unsere sechste Etappe auf dem Bierge(h)nuss Wanderweg
Die Bahnfahrt von Bayerisch Eisenstein bis Železná Ruda – Haltepunkt Špičák (drei Stationen) dauert nur 11 Minuten. Der Zug fährt auf der tschechischen Seite des Bahnhofs ab und hat als Zielbahnhof Klatovy angeschrieben. Aber wirklich in den falschen Zug können wir nicht steigen, so viele fahren da nicht und wenn dann nur in die eine Richtung. Unser GUTi, das Bayernticket etc. gelten hier leider nicht mehr, aber beim Schaffner gibt´s das wirklich günstige Ticket auch gegen Eurobezahlung freundlich ausgehändigt. Wir lösen uns nur eine einfache Fahrt, wollen wir doch über den Pancíř und durch den Böhmerwald (Nationalpark Šumava) zurück wandern. In Špičák ist mächtig was los. Der kleine Wintersportort ist ziemlich voll, es ist ja auch Samstag und wahrscheinlich Bettenwechsel in den Skihotels. Für uns beginnt hier wieder die Zahlenwanderung. Wir gehen aus dem Bahnhof links raus und suchen den Radweg mit der Nummer [33] oder „EV 13 – Iron Curtain Trail“. Dieser führt uns bis zum Špičák-Sattel (Špičácké sedlo). Der Sattel ist auf gut 980 m Höhe, wir wollen aber zum Pancíř und damit auf den höchsten Punkt unserer gesamten Wandertage.
Schwebende Schirme – Halluzination oder Wirklichkeit
Eisig und schneereich gehts im Böhmerwald für uns bergauf. Teilweise hätten wir uns Schneeschuhe gewünscht, wenn auch etwas holprig geht es auch so weiter voran. Die Sonne strahlt durch den lichten Nadelwald und der Wechsel von Licht und Schatten versetzt uns fast schon in Trance. Jetzt glauben wir bunte Regenschirme am Himmel schweben zu sehen und zweifeln doch etwas an unserer Wahrnehmung. Haben wir zu wenig getrunken? Dehydrieren wir langsam? Sind wir unterhopft? Aber nein, die Schirme schweben wirklich, Kinder sitzen darunter und winken uns johlend zu. Das ist ein Sessellift, den wir unterqueren. Er bringt Skifahrer, Familien und Winterwanderer zur „Chata Pancíř“, dem Gipfelrestaurant. Wir nehmen noch einen aussichtsreichen Schluck Tee aus unserer Thermoskanne und erobern dann den Gipfel mit eigener Kraft entlange der rot/grünen Zeichen. Eine Einkehr ist natürlich ein Muss, wollen wir doch zu den Knödeln auch ein tschechisches Bier für unsere Bierge(h)nusswanderung probieren. Hier oben stoßen wir mit gemischten Gefühlen auf den höchsten Punkt (1214 m) und den letzten Wandertag unserer Tour an.
Grenzübertritt und ein letzter Biergenuss auf dem Bierfernwanderweg
Gestärkt und noch voller Wandertatendrang nehmen wir den Rückweg nach Bayerisch Eisenstein in Angriff. Auf Grund des hohen Schnees, vertagen wir die Suche nach der Regenquelle und folgen stattdessen parallel zum Regenschirmlift nun der blauen Markierung, biegen mitten im Wald links ab, um uns dann die Frage zu stellen, ob wir das empfohlene „Hotel Belvedere“ einfach links liegen lassen sollen. Auf der Wanderkarte wird geraten hier einzukehren, also „quälen“ wir uns noch mal und nehmen eine Kostprobe des hauseigenen Bieres. Trüb, süffig, frisch gebraut, lecker – wir müssen uns trotz des angenehmen Gesprächs mit unseren einheimischen Tischnachbarn vor dem zweiten Glas verabschieden. Durch den Wald oder am Rande der Skipiste wandern wir immer weiter bergab. Železná Ruda liegt nur noch auf knapp 800 m Höhe. Die gut 400 Höhenmeter Abstieg merken wir schnell in den Knien, meistern ihn durch den weichen, dämpfenden Schnee ganz gut. In der Stadt, die auch manchmal noch mit dem deutschen Namen Markt Eisenstein bezeichnet wird, gehen wir auf die Kirche der heiligen hilfreichen Jungfrau zu, biegen davor rechts ab, um hinter den Bahnschienen wieder scharf links zu schwenken in Richtung Debrnik. Von hier müssen wir nach Alžbětín, was schon der Grenzort zu Bayerisch Eisenstein ist. In Alžbětín treffen wir wieder auf den Eurovelo Radweg Nummer 13, dem wir der Einfachheit halber bis zu unserem Ziel folgen. Die Schmugglerhütte ist es, in der wir die letzten Tage Revue passieren lassen und uns ein letztes Mal dem Biergenuss hingeben.
Bierfernwanderweg Fazit:
Der Bierge(h)nuss Wanderweg ist eine abwechslungsreiche Mehrtageswaldwanderung. Um alle Facetten des 1. deutschen Bierfernwanderwegs auskosten zu können, sollte man eher zu den Öffnungszeiten der Biergärten wandern. Wir konnten Ende Februar die Ruhe genießen und haben auch den Winter gefunden. Der Wanderweg als solcher verläuft viel im Wald, gespickt mit einigen Ausblicken. Man geht oft auf großen, breiten Wegen, was ein schnelles Vorankommen sichert, aber nicht unbedingt wildes Waldwandern darstellt. Wir waren froh, dass der Schnee teilweise die Asphaltdecke bedeckte und versteckte, wir unsere Wanderstöcke dabei hatten. Die Waldbahn ermöglicht es immer wieder Etappen zu verkürzen, zu entschärfen oder einfach anders zu planen. Wer also gerne schnell weit wandern möchte, ist im Winter auf dem Weg genau richtig. Wer gerne genussvoll einkehren mag und auch hier und da noch einen Abzweig einbauen möchte, wandert besser in der Biergartensaison. Wünschen würden wir uns, eine etwas eindeutigere, einheitliche Beschilderung des gesamten Weges.
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Infobox für Deutschlands 1. Bierfernwanderweg
An-/Abreise
Unser Startpunkt Regen ist wie alle Etappenziele an die Waldbahn angebunden. Mit dem ICE kommt man direkt von Hamburg, Berlin und München nach Plattling und steigt dort in die Waldbahn um.
Unsere Etappen (Wanderkilometer gesamt = 113,5)
- Etappe von Regen nach Böbrach, 23,2 km
- Etappe von Böbrach nach Viechtach, 19 km
- Etappe von Viechtach nach Drachselsried, 17 km
- Etappe von Drachselsried nach Bodenmais, 18,5 km
- Etappe von Bodenmais nach Bayerisch Eisenstein, 18,1 km (zzgl. Bahnfahrt)
- Etappe von Špičák nach Bayerisch Eisenstein, 17,7 km (zzgl. Bahnfahrt)
Wanderkarten und Bücher
- ° Prospektbestellung und weitere Infos findet ihr auf der Wander-Webseite des Arberlandes
- ° Fritsch Wanderkarte „Mittlerer Bayer. Wald“ Nr. 60
- ° Fritsch Wanderkarte „Vorderer Bayer. Wald“ Nr. 57
- ° Wanderkarte und Wandertipps der Bayerischen Waldbahn für Bayerisch Kanada
- Unsere Übernachtungen sind im Text angegeben.
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