Wer sich zum Radfahren auf die Schwäbische Alb begibt, der darf sich auf einige schwäbische und landschaftliche Besonderheiten freuen. Schafherden, Wacholderheiden, tiefe Täler, Burgruinen, mäandernde Flüsse und Bewohner, die manchmal einen ziemlich ausgeprägten Dialekt sprechen, sind Begleiter der Berg Bier Tour. Das Mittelgebirge hat durchaus sportliche Seiten parat und wer die hiesige Landschaft mit einem E-Bike genießt, der hat gut lachen. Denn die Anstiege auf die Albhochfläche lassen sich so sehr entspannt meistern. Aber keine Angst: Wer beispielsweise den Motor nur im Eco-Modus, der niedrigsten Unterstützungsstufe fordert, muss selbst auch noch kräftig in die Pedale treten. Wir haben die ADFC zertifizierte Berg Bier-Tour, eine der insgesamt zwölf ausgeschilderten Rundtouren ab Münsingen ausprobiert.
Gut ausgestattet
Noch sind wir üblicherweise ohne E-Verstärkung auf unseren Radtouren unterwegs. Für unsere zweitägige Tour auf der Schwäbischen Alb, leihen wir uns wahre Premium-E-Mountain-Bikes im Mobilitätszentrum Münsingen aus. Die sehen mal richtig lässig aus und die hochwertigen Navigationssysteme lassen keine Wünsche offen: Neben den klassischen Anzeigen wie Geschwindigkeit, Batteriestatus etc. wird auch der Streckenverlauf dargestellt und wer möchte, kann gleich noch eine Fitnessanalyse machen.
Die Eingewöhnungsphase mit unseren E-Bikes durch das sonnige Tiefental verläuft absolut unkompliziert. Der Motor freut sich über eine erste kleine Beschäftigung bei mäßigen Steigungen. Uns begeistern die Wacholderflächen mit ihrem typisch silbernen und olivgrünen Schimmer. In der Nähe dieser Flächen sind häufig Wanderschäfer unterwegs. Deren Schafherden sind zuverlässige Rasenmäher, die die Flächen um die piksigen Büsche abgrasen und die Landschaft offen halten. Wir sind gespannt, ob wir auf eine Herde treffen. Kurz darauf stoßen wir auf die Große Lauter, die Namensgeberin für das Lautertal ist, durch das wir jetzt fahren.
Burgenreiches Lautertal
Hundersingen, Bichishausen und Gundelfingen reihen sich hier an der Lauter aneinander. Eine Burgruine gehört hier in jeder Ortschaft zum guten Ton. Zwischen der Quelle der Großen Lauter bei Offenhausen und ihrer Mündung hinter Lauterach lassen sich rund 20 dieser geschichtsträchtigen Vermächtnisse entdecken. Dank der Motorisierung kann man den alten Gemäuern problemlos einen Besuch abstatten und den mäandernden Flussverlauf von oben betrachten. Allerdings lauern auch einige Biergärten unten im Tal und so ist es ein stetiges Abwägen, welchem Vergnügen man nun den Vorrang gibt. Am Bootshaus in Bichishausen gewinnt bei uns der Einkehrschwung, der an diesem sonnigen Tag noch zahlreiche weitere Zweiräder anlockt. Die verfügbaren Sitzplatzkapazitäten sind aber zum Glück reichhaltig.
Vorbei geht’s an der barocken Kirche im Zwiebelturmlook und wir baden in der Idylle die sich vor uns ausbreitet. Jeder Yoga-Praktizierende ist wahrscheinlich ein bisschen neidisch, mit welcher Leichtigkeit sich die Lauter hier immer wieder einer neuen Biegung hingibt. Albtypische Kalksteinfelsen stehen in Halbhöhenlage Spalier, Esel und Ziegen grasen auf den Wiesen und Reiher und Greifvögel fliegen über uns. Ein richtiges Schmuckstückle, wie der Schwabe sagt, ist die gut zugängliche Ruine Niedergundelfingen mit den rot-gelben Fensterläden, den kleinen Türmen und den mit Wasserspeiern verzierten Dachrinnen. Der Turbomodus unserer Akkus treibt uns förmlich den ziemlich holprigen Abschnitt zur Ruine hinauf. Direkt daneben thront die Kapelle St. Michael mit nur fünf kleinen Bankreihen. Davor bietet ebenfalls eine Sitzbank, einen Premiumblick zur benachbarten Ruine Hohengundelfingen, die auf einem Felskamm steht.
Versteckspiel mit Burg Derneck
Vom Radweg aus versteckt sich Burg Derneck im Wald. Den Abstecher hinauf gönnen wir uns. Der Akku steht noch voll im Saft und wir schalten mal wieder vom stromsparenden Eco-Modus auf die sportivere Unterstützungsstufe. Der Blick von der restaurierten Burg, die ein Wanderheim mit Übernachtungsmöglichkeit des Schwäbischen Albvereins beherbergt, zieht sich das naturbelassene Tal entlang. Nach diesem Streckenabschnitt werden die flankierenden Felsen noch größer und unser Wunsch geht in Erfüllung: Wir begegnen einer Schafsherde, die fröhlich vor sich hin blökt. Die Lauter windet sich durch das Tal mal ganz nah entlang unseres Weges und dann geht sie wieder auf Abstand. Sie fließt ganz schmal durch die Wiesen bevor sie dann wieder mit einem breiten Auftritt aufwartet.
In Lauterach gibt es Gelegenheit, sich im Biosphären Informationszentrum mit Café und Hofladen intensiver mit dem ältesten Biosphärengebiet Baden-Württembergs zu beschäftigen. Außerdem wird auf dem kalkreichen Boden seit 1985 wieder die traditionelle Alb-Leisa (Alblinse) angebaut. Wer auf der Tour bei einem der Biosphärengastgeber einkehrt, sollte das Leibgericht der Schwaben, Linsen mit Spätzle und Saitenwürstle, auf keinen Fall verschmähen. Dann heißt es Abschied nehmen von der Lauter, denn nach 42 km mündet diese in die Donau. Für uns geht es an ihr entlang bis nach Untermarchtal. Dort warten einige Wellnessliegen oberhalb des Flusses mit unverbauter Sicht auf das Kloster Untermarchtal. Kurzzeitig wird das bisherige Bilderbuch vom Industriecharme abgelöst. Aber bereits hinter Rottenacker tauchen wir wieder in ein Naturschutzgebiet ein und erreichen bald unser heutiges Etappenziel Ehingen Berg.
Das Epizentrum der Berg Bier Tour
In Ehingen Berg hat die Namensgeberin der Berg Bier Tour, die Brauerei Berg ihr Zuhause und lädt zur Brauereibesichtigung und zum Biergartenbesuch ein. Wer im benachbarten Hotel Rose nächtigt, sollte zuerst einchecken und sich die kostenlose Albcard ausstellen lassen. Dann ist die rund einstündige Brauereibesichtigung kostenlos (bitte frühzeitig online vorbuchen). Kleiner Wermutstropfen im süffigen Bier, die Führungen finden nicht täglich statt! Gängig für die häufig familiengeführten Gaststätten auf der Schwäbischen Alb und auch hier in Ehingen Berg sind Namen wie Rose, Hirsch, Löwe oder Krone. Auf ihren Speisekarten finden sich meist typisch schwäbische Gerichte wie Maultaschen mit Kartoffelsalat, Zwiebelrostbraten mit Bubaspitzle oder die bereits erwähnten Linsen mit Spätzle. Eine ideale Stärkung für die weiteren Kilometer, die am nächsten Tag zu absolvieren sind.
Eindrucksvolle Phänomene: Karsthöhle und -quelle, Steinzeitkunst
Die zweite Etappe beginnen wir mit einer kleinen Stadtbesichtigung im nur wenige Kilometer entfernten „zweigeteilten“ Zentrum von Ehingen mit seiner Unter- und Oberstadt. In der Unteren Stadt begrüßt uns die plätschernde Schmiech, der dritte Fluss im Bunde. Es gibt einen kleinen restaurierten Teil der Wehranlage zu besichtigen, das städtische Museum im Fachwerkstil ist besonders sehenswert. Dann geht es hinauf in die Obere Stadt mit dem kopfsteingepflasterten Marktplatz. Samstags ist hier einiges los, denn da tummeln sich die Kunden auf dem Wochenmarkt rund um den Marktbrunnen. Zur Stadt hinaus begleitet uns die Schmiech und der Blick auf das ehemalige Benediktinerkolleg.
Entlang des Ur-Donautals passieren wir die dörfliche oberschwäbische Idylle. Weite Felder, bewaldete Hügel und zwischendurch ein einzelnes Felsenauge wechseln sich als Szenerie ab. Neugier macht sich auf unserem Gepäckträger breit, denn am Ortseingang von Schelklingen biegen wir ab in den Hohle-Fels-Weg. Im Juli 2017 verlieh die UNESCO den Höhlen Hohle Fels, Geißenklösterle und Sirgenstein hier im Achtal und weiteren Höhlen im Lonetal im Ostalbkreis den Status UNESCO-Welterbe. In der Karsthöhle Hohle Fels wurde die etwa 40 Tsd. Jahre alte, rund sechs Zentimeter große Venusfigur, eine aus einem Mammut-Stoßzahn geschnitzte, weibliche Darstellung, gefunden. Das wohl älteste Kunstwerk der Menschheit! Die Höhle gehört mit rund 500 m² Fläche zu den größten Höhlenhallen der Schwäbischen Alb und kann innerhalb einer Führung besichtigt werden. Allerdings werden diese seit Corona nur noch stark eingeschränkt angeboten. Die Venus vom Hohle Fels sowie weitere Fundstücke aus der Höhle warten im „Urmu“, dem Urgeschichtlichen Museum (UrMu) in Blaubeuren, auf einen Besuch. Im UrMu erhält man mit der neuen kostenlosen Albcard kostenfreien Eintritt. Die Passage dorthin ist ein weiterer landschaftlicher Leckerbissen entlang des asphaltierten Radwegs: riesige Kalksteinzähne und -bäuche blitzen durch den Mischwald. Blaubeuren hat mit dem Blautopf ein weiteres Natur-Highlight zu bieten. Die Karstquelle in schillerndem Türkisgrün ist ein wahrhaft magischer Ort und einer der beliebtesten touristischen Magnete auf der Schwäbischen Alb. Ein Abstecher zum Blautopf empfiehlt sich darum nicht am Wochenende, zumindest für alle die dieses Phänomen mit etwas Ruhe genießen möchten.
Durch das Tiefental hinauf zum Aussichtsturm
Dann geht es zurück nach Weiler und weiter durch das ruhige Tiefental. Unsere E-Bikes freuen sich, denn hier geht es auf der rund 10 km langen Strecke durch den Wald stetig und gemächlich Berg auf. Auch im Tourmodus wird es der eigenen Muskulatur nicht langweilig. Ohne die E-Unterstützung würde unser Tacho hier ganz sicher nicht kontinuierlich eine Geschwindigkeit von rund 20 Stundenkilometer anzeigen. Nach der Menschenansammlung am Blautopf gehört uns die Passage durch einen mit Felsen durchzogenen Bannwald ganz alleine. Zu unserem nächsten Zwischenziel der Sontheimer Höhle führen die letzten Meter kurz und knackig den Berg hinauf. Hätten wir hier nicht den Akku an Bord, wäre garantiert eine Schiebeeinheit angesagt. Wer sich die Schwäbische Alb von Innen anschauen möchte, kann sich einer Höhlenführung entlang eines 192 m langen Führungswegs anschließen und bis in eine Tiefe von 34 Meter vordringen. Zurück am Tageslicht lockt ein Abstecher zum 30 Meter hohen Aussichtsturm auf der Albhochfläche bei Heroldstatt. Nach 158 Stufen hinauf werden wir mit einem abwechslungsreichen Albpanorama belohnt.
Der Truppenübungsplatz, zum Abschluss ein ganz besonderes Areal
Der mitten im Herzstück des Biosphärengebiets liegende ehemalige Truppenübungsplatz breitet sich rundherum aus. Wir erreichen dieses außergewöhnliche Gelände am späten Nachmittag und die tief stehende Sonne taucht die Landschaft in ein goldenes Licht. Das Areal wird von einer breiten asphaltierten Straße durchzogen und auf rund zehn Kilometern durchqueren wir eine ganz besondere Seite der Alb. Wir tauchen ein in eine ruhige, karge Szenerie, die einen ganz eigenen Charme ausstrahlt und einen kleinen Touch von Savanne versprüht. Unsere Sammlung der albtypischen Naturschönheiten wird hier komplettiert mit den teils schulterhohen Albdisteln, die am Wegesrand vor sich hin träumen. In Böttingen verlassen wir den Truppenübungsplatz, brausen vorbei am Biosphärenzentrum in Münsingen und erreichen das Mobilitätszentrum pünktlich um 18 Uhr zur Rückgabe der Leihräder. Das Display mit der Anzeige der verbleibenden Akkukapazität grinst uns noch mit zwei von fünf verbleibenden Balken an und auch wir hätten noch Reserven für eine Zugabe auf der Berg Bier Tour.
Infobox zur Berg Bier Tour:
Tourenlänge: ca. 112 Kilometer mit 630 Höhenmetern Aufstieg. Unsere Übernachtung: Landgasthof & Hotel Rose, Ehingen-Berg E-Bike Verleih: Mobilitätszentrum Münsingen Sehenswertes am Wegesrand, Abstecher und ergänzende (kulinarische) Aktivitäten: Burgen und Burg-Ruinen im Lautertal (Hohenhundersingen, Bichishausen, Nieder- u. Hohengundelfingen, Burg Derneck), Besichtigung Hohle Fels, Schelklingen Brauereibesichtigung u. Brauereigasthof Berg Bier, Ehingen-Berg Urgeschichtliches Museum Blaubeuren Biosphärengebiet Schwäbische Alb und Biosphärenzentrum Münsingen
Und zum Abschluss noch ein paar weitere Bilder zum Appetitmachen
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Vielen Dank an den Schwäbische Alb Tourismusverband und die Touristik-Information Münsingen für die Organisation und Einladung zu diesem Outdoor-Erlebnis im Rahmen einer Pressereise.
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Hallo Ihr beiden, wir (5 Männer) haben die Tour (2 Tage) gemacht und waren ganz begeistert. Genau richtig um 2 schöne und stressfreie ‚Fahrradtage‘ zu erleben. Die Tourlänge und Topographie der Strecke war für unsere Gruppe (Anfänger und Fortgeschrittene ‚E-Biker‘) genau richtig und es bestand immer wieder die Möglichkeit bei Bedarf Berg-Bier in verschiedenen Varianten und an den unterschiedlichen ‚Getränke-Stationen‘ zu probieren ;-). Vielen Dank für den tollen Tipp und weiterhin Euch viel Spaß beim Fahrrad fahren.
Hallo Helmut,
das lesen wir gerne! Freut uns, dass ihr Herren auf der Tour viel Spaß hattet und vor allem auch nicht verdurstet seid:-) Vielen Dank für deine Rückmeldung. Auch euch weiterhin viel Spaß beim Radeln und wir freuen uns, wenn du mal wieder zur Inspiration auf dem Blog vorbeischaust.
Viele Grüße Silke & Thomas
Hallo,wieder eine super schöneTour von Euch,bin begeistert.Aber alkohofreies Bier schmeckt das? übrigens Eure E-Bikes einfach nur geil.
Ja, die Tour ist wirklich sehr abwechslungsreich und auch mit E-Bike wird es den Waden nicht langweilig. Wir mögen das alkoholfreie Berg-Bier sehr gerne. Außerdem krabbelt da die Müdigkeit nicht so in die Beine.
Weiterhhin viel Spaß mit deinem E-Bike, Silke und Thomas
Das scheint mir eine tolle Tour für 2 Tage zu sein!
Danke für den Tipp.Die Tour merke ich mir doch gleich mal vor.
Hallo Dagmar,
die Tour ist wirklich wunderschön. Man entschleunigt so schnell, dass sich zwei Tage anfühlen wie ein Kurzurlaub. Wenn du noch weitere Infos brauchst, lass es uns gerne wissen.
Viele Grüße Silke und Thomas
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